Ein pro-arabischer US-Reporter ändert seine Meinung  

März 3, 2017 – 5 Adar 5777
Die Läuterung eines Israel-Feindes

Von Hunter Stuart / Jerusalem Post

Im Sommer 2015, nur drei Tage nachdem ich für eineinhalb Jahre als freiberuflicher Berichterstatter in der Region nach Israel gezogen war, schrieb ich meine Gefühle über den israelisch-„palästinensischen“ Konflikt auf. Ein Freund von mir in New York hatte erwähnt, dass es interessant wäre zu sehen, ob mein Aufenthalt in Israel meine Sichtweise verändern würde. Mein Freund vermutete wahrscheinlich, dass die Dinge sozusagen anders aus der Perspektive des „Beifahrers“ aussehen würden.

Der Junge sollte Recht behalten.

Bevor ich nach Jerusalem gezogen bin, war ich sehr pro-„palästinensisch“. Fast jeder wusste, dass ich es war. Ich bin evangelisch in einer malerischen, politisch korrekten Stadt in Neuengland aufgewachsen; fast alle um mich herum waren liberal. Und liberal in Amerika kommt mit einer Reihe von Glaubensätzen einher: Man unterstützt Pluralismus, Toleranz und Vielfalt. Man unterstützt die Rechte von Schwulen, den Zugang zur Abtreibung und Waffenkontrolle.

Der Glaube, dass Israel die „Palästinenser“ ungerecht behandelt, ist ein fester Bestandteil dieses Credos. Die meisten „Progressiven“ in den USA sehen Israel als Aggressor an, welcher die „armen und noblen Araber“ unterdrückt, denen ihre Freiheit so brutal verweigert wird.

„Ich glaube, Israel sollte die Kontrolle über den ganzen Gaza-Streifen und den größten Teil der Westbank aufgeben“, schrieb ich am 11. Juli 2015 aus einem Park in der Nähe meiner neuen Wohnung in Jerusalems Baka-Viertel. „Die Besetzung ist ein Akt des Kolonialismus, der nur Leiden, Frustration und Verzweiflung für Millionen von Palästinensern schafft.“

Sogar die Hipster waren religiös
Möglicherweise vorhersehbar kam diese Ansicht nicht gut bei den Leuten an, die ich während meiner ersten Wochen in Jerusalem traf, die – auch nach israelischen Standards – eine konservative Stadt ist. Meine Frau und ich waren auf die jüdische Seite der Stadt gezogen, mehr oder weniger zufällig – der erste Airbnb-Gastgeber, der unsere Anfrage annahm und uns ein Zimmer anbot, befand sich im Nachlaot-Viertel, wo auch die Hipster religiös sind. Infolgedessen waren fast alle, mit denen wir interagierten, jüdisch-israelisch und sehr pro-israelisch. Ich habe meine pro-„palästinensischen“ Ansichten nicht preisgegeben – ich hatte zu viel Angst. Aber sie müssen meine Antipathie gespürt haben (ich habe später gelernt, dass dies ein sechster Sinn ist, den Israelis besitzen).

Während meiner ersten Wochen in Jerusalem befand ich mich stets in Auseinandersetzungen über den Konflikt mit meinen Mitbewohnern. Anders als Neuengland leistet Israel sich nicht das Privileg, höflich unangenehme politische Gespräche zu vermeiden. Außerhalb der Tel Aviv-Blase ist der Konflikt allgegenwärtig; er betrifft fast jeden Aspekt des Lebens. Ihn zu vermeiden ist einfach keine Option.

Während einer solcher Auseinandersetzung schien einer meiner Mitbewohner – ein lockerer amerikanisch-jüdischer Kerl Mitte dreißig – vorzuschlagen, dass alle „Palästinenser“ Terroristen waren. Ich wurde sauer und sagte ihm, dass es falsch wäre, alle „Palästinenser“ als Terroristen zu bezeichnen, und dass nur eine kleine Minderheit Terroranschläge unterstützen würde. Mein Mitbewohner nahm sofort seinen Laptop, rief eine 2013 „Pew Research“-Umfrage auf und zeigte mir den Bildschirm. Ich habe gesehen, dass die Forscher von Pew eine Umfrage mit Tausenden von Menschen über die muslimische Welt gemacht hatten, und sie fragten, ob sie Selbstmordattentate gegen Zivilisten unterstützten, um „den Islam von seinen Feinden zu verteidigen“. Die Umfrage ergab, dass 62 Prozent der „Palästinenser“ glaubten, dass solche terroristischen Handlungen gegen Zivilisten unter diesen Umständen gerechtfertigt waren. Und nicht nur das, die „palästinensischen“ Gebiete waren der einzige Platz in der muslimischen Welt, wo die Mehrheit der Bürger den Terrorismus unterstützte; überall sonst war es eine Minderheit – vom Libanon und Ägypten bis nach Pakistan und Malaysia.

Ich konnte nicht zulassen, dass mein Mitbewohner mit dieser Argumentation in den frühen Morgenstunden durchkommen konnte. Allerdings musste ich zugeben, dass die Statistik mich beeindruckte.

Weniger als einen Monat später, im Oktober 2015, begann eine Welle „palästinensischer“ Terroranschläge gegen jüdische Israelis. Fast jeden Tag kam es zu Messerattacken von wütenden, jungen muslimischen „Palästinensern“ oder zu Versuchen, jemanden mit dem Auto zu überfahren. In Jerusalem gab es eine Menge Gewalt, einige davon waren nur wenige Schritte von dem Ort entfernt, wo meine Frau und ich wohnten, arbeiteten und einkaufen gingen.

Ich hielt die Israelis für begriffsstutzig und schuldig an dem Konflikt
Ich habe nicht viel Sympathie für Israelis gefühlt. Eigentlich fühlte ich Feindseligkeit. Ich fühlte, dass sie die Ursache der Gewalt waren. Ich wollte sie wachrütteln und ihnen sagen: „Hört auf, die Westbank zu besetzen, hört auf, Gaza zu blockieren, und die Palästinenser werden aufhören, Euch zu töten!“ Es schien mir so offensichtlich zu sein; wie konnten sie nicht erkennen, dass all diese Gewalt eine natürliche, wenn auch unangenehme Reaktion auf das Handeln ihrer Regierung war?

Es dauerte eine Weile, bis die Gewalt persönlich wurde, und ich begann, die israelische Seite mit größerer Klarheit zu sehen. Als die „Messer-Intifada“ in vollem Gang war, reiste ich in die verarmte Ost-Jerusalemer Nachbarschaft von Silwan für eine Geschichte, die ich damals schrieb.

Als ich ankam, zeigte ein „palästinensisches“ Kind, das vielleicht 13 Jahre alt war, auf mich und schrie „Yehud!“, was „Jude“ auf Arabisch bedeutet. Unmittelbar rannte eine große Gruppe seiner Freunde, die in der Nähe herumgelungert hatten, mit furchteinflößendem Funkeln in den Augen auf mich zu und schrien: „Yehud! Yehud“. Ich fühlte, wie mein Herz zu schlagen begann. Ich schrie ihnen auf Arabisch entgegen „Ana mish yehud! Ana mish yehud!“ („Ich bin nicht jüdisch, ich bin nicht jüdisch!“) immer und immer wieder. Ich sagte ihnen auch auf Arabisch, dass ich ein amerikanischer Journalist wäre, der „Palästina liebte“. Sie beruhigten sich danach, aber der Blick in ihren Augen, als sie mich zum ersten Mal sahen, ist etwas, was ich niemals vergessen werde. Später, bei einer Hausparty in Amman, traf ich einen „palästinensischen“ Mann, der in Silwan aufgewachsen war: „Wenn du Jude wärst, hätten sie dich wahrscheinlich getötet“, sagte er.

Ich habe es von Silwan an diesem Tag in einem Stück zurückgeschafft; andere waren nicht so glücklich in Jerusalem und in ganz Israel gingen die Angriffe gegen jüdische Israelis weiter. Meine Meinung begann sich zu ändern – vermutlich, weil die Gewalt mich zum ersten Mal direkt betroffen hatte.

Ich begann, mir Sorgen zu machen, dass meine Frau erstochen werden könnte, während sie auf dem Heimweg von der Arbeit war. Jedes Mal, wenn mein Telefon mit Neuigkeiten von einem anderen Angriff aufleuchtete, wenn ich nicht im selben Raum mit ihr war, schickte ich ihr sofort eine SMS, um zu sehen, ob sie in Ordnung war.

Nun wurde die Gewalt unmittelbar und persönlich
Dann sagte mir ein Freund von uns – ein älterer jüdischer israelischer Kerl, der meine Frau und ich zum Abendessen in seiner Wohnung in der Jerusalemer Nachbarschaft Talpiot eingeladen hatte –, dass sein Freund von zwei „Palästinensern“ im Monat zuvor in einem Bus nicht weit von seiner Wohnung ermordet worden war. Ich kannte die Geschichte gut – nicht nur aus den Nachrichten, sondern weil ich die Familie eines der „palästinensischen“ Jungen interviewte, die den Angriff durchgeführt hatten. Im Interview erzählte mir seine Familie, dass er ein vielversprechender junger Unternehmer war, der durch die täglichen Demütigungen den Verstand verlor, die durch die Besatzung hervorgerufen wurden. Ich schrieb eine sehr mitfühlend und verständnisvolle Geschichte über den Mörder für eine jordanische Nachrichten-Website namens Al Bawaba News.

Aber als ich erfuhr, dass der Freund meines Freundes einer der Opfer war, änderte dies meine Denkweise. Ich fühlte mich schrecklich, dass ich einen der Mörder öffentlich verherrlichte. Der Mann, der ermordet worden war, Richard Lakin, war ursprünglich aus Neuengland, wie ich, und hatte israelische und „palästinensische“ Kinder in Jerusalem Englisch gelehrt. Er glaubte, dass Frieden mit den „Palästinensern“ möglich wäre und verpasste „niemals eine Friedenskundgebung“, sagte sein Sohn.

Im Gegensatz dazu waren seine Mörder, die aus einer bürgerlichen Nachbarschaft in Ost-Jerusalem kamen, 20.000 Schekel bezahlt worden, um den Bus an diesem Morgen mit ihren feigen Geschützen zu stürmen. Mehr als ein Jahr später konnte man immer noch ihre Gesichter sehen, die auf Plakaten um Ost-Jerusalem klebten, die sie als Märtyrer bejubelten (Einer der Angreifer, Baha Aliyan, 22, wurde bei dem Vorfall getötet, der zweite, Bilal Ranem, 23, wurde lebendig gefasst).

Die persönliche Betroffenheit des Konflikts hat mich dazu veranlasst, zu hinterfragen, wie offenkundig ich die „palästinensische“ Gewalt gebilligt hatte. Liberale, „Menschenrechtsgruppen“ und die meisten Medien geben aber weiterhin Israel die Schuld dafür angegriffen zu werden. Ban Ki-Moon zum Beispiel, der damals der Generalsekretär der Vereinten Nationen war, sagte im Januar 2016 – als die Straßen meiner Nachbarschaft mit dem Blut unschuldiger israelischer Zivilisten befleckt wurden –, dass es „menschlich war auf die Besetzung zu reagieren“. Tatsächlich gibt es keine Rechtfertigung dafür, jemanden zu töten, egal, wie die politische Situation sein mag oder auch nicht, und Bans Aussage hat mich gewurmt.

In fast jedem Staat schießt die Polizei, wenn sie ihn beim Töten von Menschen antrifft, den Terroristen tot und „Menschenrechtsgruppen“ schweigen dazu. Dies geschieht in Ägypten, Saudi-Arabien und Bangladesch; es geschieht in Deutschland und England und Frankreich und Spanien, und es passiert sicher, ohne Zweifel in den USA (siehe San Bernardino und das Orlando-Nachtclub-Massaker, den Boston-Marathon-Anschlag und viele andere). Hat Amnesty International Barack Obama oder Abdel Fattah al-Sisi oder Angela Merkel oder François Hollande verurteilt, als ihre Polizeikräfte einen Terroristen getötet haben? Nein. Aber sie verweisen auf Israel, um es zu verurteilen.

Darüber hinaus fing ich an zu bemerken, dass die Medien ungewöhnlich fixiert wurden, um die moralischen Mängel Israels hervorzuheben, auch wenn andere Länder auf unendlich abscheulichere Weise handelten. Wenn Israel drohte, eine Sammlung „palästinensischer“ landwirtschaftlicher Zelte zu verlagern, wie es im Sommer 2015 im Westjoranland-Dorf Sussiya der Fall war, so löst die Geschichte wochenlang internationale Schlagzeilen aus. Doch als Ägyptens Präsident Bulldozer und Dynamit benutzte, um eine ganze Nachbarschaft auf der Sinai-Halbinsel im Namen der nationalen Sicherheit zu zerstören, bemerkten es die Leute kaum.

Woher kommen diese doppelten Standards?
Ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass der israelisch-„palästinensische“ Konflikt den Appetit von „fortschrittlichen“ Menschen in Europa, den USA und anderswo anspricht. Sie denken, dass die Menschen aus der vorwiegend weißen Ersten Welt auf die Menschen der armen Dritten Welt einschlagen. Es ist einfacher für sie, empört zu sein, dass zwei radikal verschiedene Zivilisationen kollidieren, als dass alawitische Muslime sunnitische Muslime in Syrien töten, da dem westlichen Beobachter der Unterschied zwischen Alawit und Sunni zu subtil ist, um in einen überzeugenden Narrativ zu passen, der leicht auf Facebook zusammengefasst werden kann.

Leider ist es so für Israel, dass Videos auf den sozialen Netzwerken, die US-finanzierte jüdischen Soldaten zeigen, die Tränengas auf tobende arabischen Muslime schießen, für viel Hollywood-Unterhaltung sorgen. Dies ist ideal, um den liberalen Narrativ zu verbreiten, in dem Muslime unterdrückt werden und das jüdische Israel ein Tyrann sein soll.

Ich bewundere den liberalen Wunsch, den Außenseiter zu unterstützen. Sie wollen auf der richtigen Seite der Geschichte sein, und ihre Absichten sind gut. Das Problem ist, dass ihre Überzeugungen oft nicht mit der Realität übereinstimmen.

In Wirklichkeit sind die Dinge viel, viel komplexer, um die Lage zu schildern als ein Fünf-Minuten-Clip auf den Abendnachrichten oder ein zwei-Absatz-langer Facebook-Status. Als ein Freund mir vor kurzem erzählte: „Der Grund, warum der israelisch-palästinensische Konflikt so unlösbar ist, ist, dass beide Seiten irgendwie Recht haben.“

Leider gibt es nicht genug Leute, die es so sehen. Ich bin vor einiger Zeit auf einen alten Freund aus dem College gestoßen, der mir erzählte, dass ein Kommilitone, den wir beide aus der Zeit kennen als wir Freshmen im College waren, für eine Zeit nach dem Studium in „palästinensischen“ Protesten aktiv waren. Die Tatsache, dass ein kluger, gut ausgebildeter junger Mann aus Vermont, der zu einer der besten Liberal-Arts-Ausbildungsstätten in den USA ging, Tausende von Kilometern reiste, um Steine auf israelische Soldaten zu werfen, ist sehr, sehr aufschlussreich.

Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt: „Wenn du die Meinung einer anderen Person ändern willst, dann mach diese Person zuerst zu deinem Freund.“ Die Freundschaften, die ich in Israel für immer geschlossen habe, veränderten meine Meinung über das Land und über das jüdische Bedürfnis nach einer Heimat. Aber ich habe auch viel Zeit damit verbracht, in den „palästinensischen“ Gebieten zu reisen, um „Palästinenser“ kennenzulernen. Ich verbrachte fast sechs Wochen in Nablus, Ramallah und Hebron und sogar im Gaza-Streifen. Ich traf einige unglaubliche Leute an diesen Orten; ich sah Großzügigkeit und Gastfreundschaft anders als irgendwo sonst, wo ich je gereist bin. Ich bin mit einigen von ihnen für den Rest meines Lebens befreundet. Aber fast unweigerlich waren ihre Ansichten vom Konflikt und von Israel und vom jüdischen Volk im Allgemeinen äußerst enttäuschend.

Sogar die gebildetsten „Palästinenser“ sprechen Israel die Existenzberechtigung ab
Zunächst lehnen sogar die freundlichsten und gebildetsten „Palästinenser“ der Oberschicht den Staat Israel zu 100 Prozent ab – nicht nur die Besetzung von Ost-Jerusalem und dem Westjordanland. Sie werden sich einfach nicht mit einer Zwei-Staaten-Lösung zufriedengeben – was sie wollen, ist, in die Häuser ihrer Großväter in Ramle und Jaffa und Haifa und anderen Orten vor der Staatsgründung Israels, innerhalb der Grünen Linie, zurückzukehren. Und sie wollen, dass die Israelis, die dort leben, gehen. Sie sprechen fast nie von Koexistenz; sie sprechen von der Vertreibung, indem sie „ihr Land“ zurückbekommen.

Für mich bleibt, egal wie moralisch kompliziert die Schaffung des Staates Israel gewesen sein mag, egal wie viele unschuldige „Palästinenser“ getötet oder aus ihren Häusern im Jahr 1948 und wieder im Jahr 1967 vertrieben wurden, Israel eine Tatsache, die von fast jeder Regierung in der Welt (einschließlich vieler im Mittleren Osten) akzeptiert wird. Aber der anhaltende Wunsch der „Palästinenser“, Israel von der Landkarte zu beseitigen, ist unproduktiv und rückständig und der Westen muss sehr vorsichtig sein, um diese Ressentiments nicht zu bestärken.

Die andere Sache ist, dass ein großer Prozentsatz der „Palästinenser“, auch unter der gebildeten Oberschicht, glaubt, dass der islamische Terrorismus tatsächlich von den westlichen Regierungen konstruiert wird, um die Muslime schlecht aussehen zu lassen. Ich weiß, das klingt absurd. Es ist eine Verschwörungstheorie, die komisch ist, bis man sie wiederholt hört, wie ich es tat. Ich kann kaum zählen, wie viele „Palästinenser“ mir erzählten, dass die Messerattacken in Israel im Jahr 2015 und 2016 vorgetäuscht waren oder dass die CIA den IS geschaffen hätte.

Eine Kollegin von mir sagte beiläufig – eine gebildete 27-Jährige libanesisch-„palästinensische“ Journalistin – nach den IS-Schießereien in Paris im November 2015, bei denen 150 Menschen getötet wurden, dass dieses Massaker „wahrscheinlich“ vom Mossad verübt wurde. Obwohl sie eine Journalistin wie ich war und sich verpflichtet fühlte, die Wahrheit herauszufinden, egal wie unangenehm diese auch sein mochte, war diese Frau nicht bereit zuzugeben, dass die Muslime einen so schrecklichen Angriff begehen würden, und allzu bereit – im Widerspruch zu allen Fakten – israelischen Spione zu beschuldigen.

Wenn ich reise, versuche ich, den Leuten zuzuhören, ohne ihnen meine eigene Meinung aufzuzwingen. Für mich ist es das, was das Reisen ausmacht – den Mund zu halten und andere Perspektiven zu hören. Aber nach drei bis vier Wochen des Reisens in Palästina wurde ich von diesen Verschwörungstheorien müde.

Die Verschwörungstheorien machen müde
„Die Araber müssen die Verantwortung für bestimmte Dinge übernehmen“, schrie ich einen Freund an, den ich in Nablus traf und wiederholt versuchte, die Schuld von Muslimen für den islamischen Terrorismus abzulenken. „Nicht alles ist Amerikas Schuld.“ Mein Freund schien überrascht von meiner Beharrlichkeit zu sein und ließ das Thema fallen – offensichtlich hatte ich meinen Sättigungspunkt mit diesem Unsinn erreicht.

Ich kenne viele jüdische Israelis, die bereit sind, das Land mit muslimischen „Palästinensern“ zu teilen, aber einen „Palästinenser“ zu finden, der auf gleiche Weise fühlte, war nahezu unmöglich. Unzählige „Palästinenser“ sagten mir, sie hätten kein Problem mit jüdischen Leuten, nur mit Zionisten. Sie schienen zu vergessen, dass Juden seit Jahrtausenden in Israel leben, zusammen mit Muslimen, Christen, Drusen, Atheisten, Agnostikern und anderen, in den meisten Fällen in Harmonie. Stattdessen glaubt die große Mehrheit, dass Juden erst im 20. Jahrhundert in Israel ankamen und daher nicht hierhergehören.

Natürlich mache ich den „Palästinensern“ keine Vorwürfe, wenn sie Autonomie wollen oder in ihre Ahnenhäuser zurückkehren möchten. Es ist ein ganz natürliches Verlangen; ich weiß, dass ich das gleiche fühlen würde, wenn etwas Ähnliches mit meiner eigenen Familie passiert wäre. Aber solange westliche Mächte und NGOs und „progressive“ Menschen in den USA und Europa es nicht schaffen, „palästinensische“ Angriffe gegen Israel zu verurteilen, je tiefer wird der Konflikt wachsen und desto mehr Blut wird auf beiden Seiten vergossen werden.

Ich bin jetzt in die USA zurückgekehrt und lebe auf der Nordseite von Chicago in einer liberalen Enklave, wo die meisten Menschen – auch Juden – dazu neigen, das Verlangen der „Palästinenser“ nach einem eigenen Staat zu unterstützen, das jedes Jahr in internationalen Foren wie der UNO an Auffahrt gewinnt.

Persönlich bin ich nicht mehr davon überzeugt, dass es eine so gute Idee ist. Wenn die „Palästinenser“ ihren eigenen Staat im Westjordanland erhalten, wer weiß, ob sie nicht die Hamas wählen würden, eine islamistische Gruppe, die sich der Zerstörung Israels verpflichtet hat? Das ist genau das, was in Gaza bei den demokratischen Wahlen im Jahr 2006 passiert ist. Glücklicherweise ist Gaza etwas isoliert, und seine geographische Isolation – sowie die israelische und ägyptisch-auferlegte Blockade – begrenzen den Schaden, den die Gruppe leisten kann. Aber ihnen die Kontrolle über das Westjordanland und die Hälfte von Jerusalem zu verschaffen, ist etwas, was Israel offensichtlich nicht will. Es wäre Selbstmord. Und es ist von keinem Land zu erwarten, dass es seiner eigenen Zerstörung zustimmt.

Daher weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Ich befinde mich in der Mitte einer der am meist polarisierten Fragen der Welt. Zumindest kann ich das sagen, dass ich bereit war, meine Meinung zu ändern.

Wenn nur noch mehr Leute das Gleiche tun würden.

Zuerst erschienen in der „Jerusalem Post“
Übersetzung ins Deutsche: Marius Bischoff

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke