Von Tina Adcock (Redaktion Audiatur)
Der 15. Mai war kein normaler Studientag auf dem Gelände der Tel Aviver Universität. Einen Tag nachdem die historische Unabhängigkeitserklärung des Staates Israel im Jahr 1948 unterschrieben wurde, fanden auf dem Campusgelände Aufmärsche und Feierlichkeiten zum Gedenken an die „Nakba“ statt, was auf Arabisch so viel heißt wie „Katastrophe“.
An diesem Tag gedenken die „Palästinenser“ der Niederlage im Unabhängigkeitskrieg 1947/1948, nach dem sie den UN-Teilungsplan für einen jüdischen und einen arabischen Staat ablehnten und zusammen mit fünf arabischen Armeen den gerade erst geborenen jüdischen Staat angriffen.
Auf dem Campusgelände sind Menschen zu sehen, die die Fahne der PLO schwingen, es werden Reden über den Verlust der „palästinensischen Heimat“ gehalten und einige Studenten beklagen die „ethnische Säuberung der Palästinenser“, was bei der wachsenden Bevölkerungszahl doch ein wenig seltsam anmutet.
Eine Organisation jedoch stellte sich dagegen und organisierte eine Gegendemonstration – Im Tirtzu, was auf Deutsch so viel heißt wie „Wenn ihr wollt“ und von einem Ausspruch von dem Gründungsvater des Zionismus, Theodor Herzl, abgeleitet ist. Ich unterhielt mich, nach den gesammelten Eindrücken, auf dem Uni-Gelände mit einigen Mitgliedern der Organisation, die das wiedergaben, was mich auch bewegte: Die Universitäten geben jenen eine Plattform, die betrauern, dass die Vernichtung der Juden im Jahr 1948 nicht geglückt ist und die einen eigenen Staat ablehnten, weil sie keinen jüdischen Staat als Nachbarn akzeptieren wollten. Bei dieser Gelegenheit erfuhr ich auch von Personen, die mittels eines Touristenvisums nach Israel reisen und die Soldaten der israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) unter anderem mittels Videoaufnahmen belästigen. Ich wollte mehr über die Arbeit von Im Tirtzu wissen und vereinbarte deshalb einen Interviewtermin mit Eytan Meir, dem Direktor für Außenbeziehungen der Organisation.
6.000 freiwillige Aktivisten
Die Nichtregierungsorganisation wurde im Jahr 2006 nach dem zweiten Libanonkrieg von Studenten ins Leben gerufen. Die Moral und das Wohlbefinden der Menschen in Israel durchlief in diesem Zeitraum eine Periode der Infragestellung, ob des Nationalbewusstseins oder der Rechtfertigung des Krieges im Libanon. Einige Studenten wollten dem entgegenwirken und starteten in der Hebräischen Universität in Jerusalem den ersten Im Tirtzu-Ableger. Heute gibt es inzwischen 20 verschiedene Studentengruppen innerhalb der Organisation, mit mehr als 6.000 freiwilligen Aktivisten.
Im Tirtzu widmet sich vor allem zwei Aufgabengebieten. Zum einen möchten sie Menschen darüber aufklären, warum das jüdische Volk das Recht auf einen eigenen Staat in ihrer historischen Heimstätte hat. Diese Bemühungen erfolgen zum Beispiel durch Vorträge an Universitäten und anderen Wissenszentren. Zum anderen sind sie aktiv in der Aufklärung von Organisationen wie BDS (Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen) oder „Breaking the Silence“, die eine antizionistische und damit antisemitische Agenda verfolgen und diese, in Form von Boykottaufrufen gegenüber dem einzigen jüdischen Staat der Welt, oder der Verbreitung von historischen Unwahrheiten zum Ausdruck bringen. NGOs wie „Breaking the Silence“ werden mit massiven Geldzuwendungen von der EU unterstützt, doch sie finden auch Rückhalt in Form von Werbung und öffentlich Zuneigungsbekundungen von israelischen Professoren, gegen die im Tirtzu ebenfalls vorgeht.
„Touristen“ filmen Soldaten – Im Tirtzu filmt zurück
Nach all diesen Informationen wollte ich noch ein wenig mehr über die „Touristen“ in Erfahrung bringen, welche die israelischen Soldaten belästigen. Auch hier stand mir Eytan offen Rede und Antwort. Inspiriert von den antiisraelischen NGOs, den Falschinformationen, die allzu oft in den Medien Einzug finden, reisen Menschen nach Israel, um die vermeintlich unmenschlichen IDF-Soldaten bei ihren Verbrechen zu filmen. Dies geschieht vor allem an Orten wie Hebron und der Grenze zu Gaza, wo die Spannungen am größten sind. Die „Touristen“ sind einfach zu erkennen, denn sie tragen zumeist Westen, filmen die Soldaten und arbeiten mit Organisationen wie zum Beispiel B’Tselem zusammen. Diese Personen stehen also Soldaten gegenüber, die zum Schutz der Bevölkerung an gewissen Punkten stationiert sind. Sie stören deren Arbeit, indem sie Filmaufnahmen tätigen, die Soldaten mittels Worten provozieren, oder sogar „Palästinenser“ in ihre Arbeit miteinbeziehen, die gegen die Soldaten vorgehen sollen, um eine Reaktion zu provozieren. Die Provokationen reichen hierbei von verbalen Attacken bis hin zu körperlichen Übergriffen. (…)