„We loooove you Israel!”, schreien sie einem fröhlich entgegen, wollen einem fast in die Arme springen und verteilen koschere Süßigkeiten an die israelischen Kinder auf den Bürgersteigen, die Fahnen und Blumensträuße aller Herren Länder in den kleinen Händen halten.
„We - love - YOU - ISRAEEEEEL!“
„We love you Israel, forever!“
„You are NOT alone Israel!“
„We stand with you!“
Ich bin total geschockt. Darauf war ich nicht vorbereitet. Ein Land nach dem anderen zieht vorbei. Ihre Delegationen singen, schellen, posaunen durch die Jerusalemer Innenstadt. Chinesen in den Gewändern des Hohepriesters tragen ein Plastikreplikat der Bundeslade vorüber und die großen Nationalfahnen der Welt tanzen und schwingen durch die Luft - dazu Spruchbänder wie „Die Chinesen lieben Israel für immer und ewig!“
Die Chinesen! Ein Fünftel der Menschheit? Für immer und ewig!? Was kümmert uns da Gasa oder die Hisb’Allah? Oder die winzige Provinzgruppe ISIS, oder ein Nebenspieler wie Obama?
Und es geht immer weiter: Schweden, Deutschland, Norwegen, Taiwan, Finnland, Thailand, Bolivien (ich glaube Bolivien an sich war zur Zeit der Parade leer, denn alle Bolivianer waren in Jerusalem), Hongkong, Holland, Schweiz, Österreich, Frankreich, die USA, Australien, Canada, Laos, Slowakei, Peru, Malaysia, Großbritannien („We love you Israel, we do.“) Singapur, Costa Rica, Panama, Polen, Fidschi, Papua-Neuguinea, Russland, Südafrika, Philippinen, Japan, Korea („Israel, du bist nicht allein!“) und es geht weiter und weiter.
Über zehntausend Menschen aus ca. 80 Ländern ziehen auf diesem 61. „Jerusalem-Marsch“ vorüber und eins verbindet sie alle: Die Liebe zu Israel.
Zwei Tage, nachdem die UNESCO dem jüdischen Volk eine historische Verbindung zum Tempelberg absprechen wollte, versammeln sich hier Leute – Juden wie Christen, um den universellen Charakter des jüdischen Laubhüttenfestes Sukkot hervorzuheben, angelehnt an die Prophezeiung Secharijahs (Kapitel 14), der schreibt, dass am Ende der Tage, wo sich die halbe Welt gegen Israel erheben und durch göttliche Intervention geschlagen werden wird, die Restlichen, Einsichtigen der Völker an Sukkot nach Jerusalem kommen werden, um den einen Gott zu verehren:
„Und es wird geschehen, dass alle Völker, die übriggeblieben sind, von denen, die sich gegen Jerusalem erhoben, jedes Jahr zum König, dem Herren der himmlischen Heerscharen, emporsteigen werden, um sich vor ihm zu verbeugen und das Fest der Laubhütten zu feiern.“
Und hier sind wir und hier sind sie. Die Völker aus aller Herren Länder. In Jerusalem. An Sukkot. – Sie stehen hinter unserem kleinen Staat. Sie proklamieren den Gott Israels – ab und zu mit ein wenig „Joschua/Jesus“ und einer Prise Jerusalem-Syndrom dazwischen – aber hey, wer wird denn jetzt kleinlich sein?
Für schwer Anti-Israel-Traumatisierte wie mich ist diese unverhoffte Offenbarung ein wandelnder Tagtraum. Auf einer Al-Quds-Demo in Berlin fühle ich mit sicherer als hier, denn dort ist alles klar und so wie man die Welt kennt: „Kindermörder Israel“ ist der Feind, „Hamas Hamas, Juden ins Gas“, „Yalla Hudrup“, „El Maut di Israel!“.
Aber hier? Wo soll ich mich vor aller Liebe dieser personifizierten halben Welt auf dem Jerusalemer Asphalt einordnen? – Und während ich mich das frage, habe ich natürlich keine Illusionen: Diese Leute stellen nur einen winzigen Bruchteil der Realität in ihrem Land dar, geschweige denn, dass sie unter offizieller Absegnung hier laufen. Im Gegenteil müssen einige sicher zu Hause aufpassen, dass man ihnen ihre Teilnahme nicht übelnimmt oder ihnen einen Strick daraus dreht. (…)
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