Über den ungewöhnlichen Lebensweg der Anne Ranasinghe  

November 4, 2015 – 22 Heshvan 5776
Die bedeutendste Lyrikerin Sri Lankas

Von Laura Hofmann

Am 13. Oktober 2015 wurde das Bundesverdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland durch den Deutschen Botschafter in Colombo/Sri Lanka an die Schriftstellerin Anne Ranasinghe verliehen. Sie erhielt die besondere Ehrung anlässlich ihres 90. Geburtstages und aufgrund ihres herausragenden dichterischen Werkes.

Die heute als bedeutendste sri-lankische Lyrikerin gefeierte Anne Ranasinghe wurde am 2. Oktober 1925 in Essen als einzige Tochter der Deutschjuden Emil und Anna Amalie Katz geboren. In Interviews spricht Ranasinghe retrospektiv von einer behüteten, aber konservativ geprägten Kindheit. Während ihr Vater aus orthodox-jüdischem Hause stammte, wuchs die Mutter, eine geborene Mendel, liberal-jüdisch auf. Gemeinsam siedelte man nach Essen über, eine deutsche Stadt, die viele jüdische Bürgerinnen und Bürger bis zur Machtergreifung Hitlers und der NSDAP ihre Heimat nannten. – Die Synagogengemeinde in Essen zählte im Juni 1933 4.506 ansässige Glaubensjuden, Ende des Jahres 1938 waren es nur noch 2.000. Für Anneliese wurde die innerjüdische Gemeinschaft zum Schonraum, die Synagoge zum Spielplatz, der Gottesdienst Ort für kindliche Verabredungen.

Anne Ranasinghe war Schülerin der Grundschule in Essen. 1935 wurde diese von den Nationalsozialisten in Besitz genommen und man zwang die jüdischen Kinder, auf gesonderte Schulen zu wechseln. – Am 10. September 1935 wurde der Erlass auf „Rassentrennung“ an öffentlichen Schulen bekanntgegeben. Seit 1936 besuchte Anneliese die Jawne-Schule, ein jüdisches Reformrealgymnasium in Köln, dass seit seiner Gründung 1919 zugleich die einzige weiterführende jüdische Schule im Rheinland war. Erich Klibansky, letzter Schuldirektor der Jawne, plante nach 1938 gemeinsam mit seinem Kollegium, die gesamte Schule nach England auszusiedeln, und organisierte Kindertransporte. 130 jüdische Schülerinnen und Schüler konnten auf diese Weise gerettet werden.

Ihr Vater war Veteran des Ersten Weltkrieges, den die aggressive Judenpolitik der Nationalsozialisten ähnlich unerwartet traf wie viele seiner jüdischen Zeitgenossen. Die Eltern stritten häufig darüber, wie mit der politischen Situation in Deutschland umzugehen sei. Während der 1930er Jahre überlegte die Familie nach Amerika auszuwandern, so erinnerte sich Ranasinghe. Nach den Ereignissen des Jahres 1938 – die Novemberpogrome, die Festnahme von Emil Katz am 17. November 1938 und seine vorübergehende Inhaftierung im Konzentrationslager Dachau bis zum 28. November 1938 – hatten die Eltern den Entschluss gefasst, ihre Tochter über die Kinder-Evakuierung ins Ausland zu retten. Dies war seit Ende November 1938 und bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges unter schwierigen Ausreisebedingungen möglich. Ihre Tante, die nahe Bournemouth im Süden Englands lebte, zahlte der englischen Regierung 50 Pfund und willigte ein, für Annelieses Verbleib und ihre schulische Ausbildung zu sorgen.

Am 26. Januar 1939 verschickten ihre Eltern die damals 14-Jährige mit einem Kindertransport nach England. Ihr Vater durfte sie lediglich bis zur deutsch-holländischen Grenze begleiten. Die deutsche Regierung beschränkte ihr Mitnahmegepäck auf einen Koffer und 10 Reichsmark. Anneliese Katz hatte Kleidung und wenige ihrer Lieblingsbücher, die sie heute noch besitzt, mitgenommen. Von den Niederlanden aus gelangte sie per Schiff zum englischen Hafen Harwich, wo sie anschließend den Zug zur Liverpool Station in London nahm. Dort wurde sie von ihrer Tante abgeholt, die sie im Leben noch nie zuvor gesehen hatte.

Nach dem Einmarsch Hitlers und seiner Truppen in England wurde die deutsche Anneliese, die sich zum Zeichen der Assimilation in ihrer neuen Heimat den Namen „Anne“ zugelegt hatte, zur „ausländischen Feindin“ degradiert. Sie musste zum Gericht gehen und die offizielle Erlaubnis einholen, als deutsche Staatsbürgerin weiterhin in Bournemouth leben zu dürfen, da dieser Teil Englands direkt von den deutschen Truppen bedroht worden war. (…)

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