Titel haben den Juden nicht viel genutzt  

Oktober 5, 2015 – 22 Tishri 5776
Die adeligen Juden

Von Michael Groys

Die Geschichte von geadelten Juden ist eine einzigartige Geschichte von Assimilation, Antisemitismus und dem Versuch sich in die europäische Gesellschaft zu integrieren. Nicht wenige Schriftsteller widmeten sich dem Thema in Romanen und Geschichten. Renommierte Historiker erforschten dieses Phänomen. Verschwörungstheoretiker laben sich nach wie vor an den Geschichten über geadelte Juden und ihrer vermeidlich grenzenlosen Macht. Wer waren diese Menschen? Wie kamen Sie an den Adelstitel? Wie einflussreich waren oder sind sie noch heute?

Könige in der jüdischen Geschichte

Das Thema von Königen und adeligen Dynastien ist dem jüdischen Volk nicht so ganz fern und hatte seinen Ursprung in der eigenen Geschichte. Wir erinnern uns an die legendären Könige David und Salomon in vielen Gebeten und Geschichten. Nicht minder bekannt waren auch die Verdienste des von Rom eingesetzten König Herodes, der den prächtigen Zweiten Tempel von Jerusalem aufgebaut hatte. Dennoch wird im Tanach die ursprüngliche Idee und Notwendigkeit eines Königs sehr kritisch beleuchtet. Der berühmte Prophet Samuel hatte zwar den ersten König Saul gesalbt, fragte sich aber nach dem Sinn und Zweck eines solchen Führers. Die Juden hatten ein Bedürfnis geäußert einen König zu bekommen, so wie die anderen benachbarten Völker. Die Richter, religiös-charismatische Führungspersönlichkeiten, waren anscheinend nicht mehr ausreichend. An diesem Beispiel sieht man die ersten Anzeichen von Assimilation und dem Willen nach Anerkennung von der Außenwelt. Dieses Bedürfnis verließ auch die geadelten Juden des 19. Jahrhundert nicht. Die Zweckmäßigkeit ihres Adelstandes blieb immer fraglich. Der Stand hatte sie nur begrenzt vor Verachtung der christlichen Mehrheitsgesellschaft geschützt.

Der Schriftsteller Lion Feuchtwanger schilderte eindrucksvoll in seinem Roman „Jud Süß“ das Leben Joseph Süß Oppenheimers. Er war ein sogenannter „Hofjude“ und Ratgeber des Herzogs von Württemberg, der letztendlich auf Grund von judenfeindlichen Anschuldigungen zum Tode verurteilt worden ist. Sein luxuriöser Lebensstill und Reichtum bildeten den Nährboden für die antisemitische Propaganda der Nationalsozialisten. Dennoch wirft Feuchtwanger die Frage auf nach dem Sinn eines privilegierten Status für die Juden und dessen Bedeutungslosigkeit, da letztendlich diese Menschen trotz ihrer Verdienste immer auf ihre jüdische Herkunft beschränkt worden sind. Das Problem schilderte der Außenminister und assimilierte Jude Walther Rathenau, der letztendlich aus judenfeindlicher Überzeugung ermordet wurde, folgendermaßen: „In den Jugendjahren eines jeden deutschen Juden gibt es einen schmerzlichen Augenblick, an den er sich zeitlebens erinnert: wenn ihm zum ersten Male voll bewusst wird, dass er als Bürger zweiter Klasse in die Welt getreten ist und keine Tüchtigkeit und kein Verdienst ihn aus dieser Lage befreien kann.“ (...)

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