Der Maler Max Liebermann – Begründer der Moderne in Deutschland  

Februar 8, 2016 – 29 Shevat 5776
Deutschlands Supertalent

Von Claudia Trache

Max Liebermann war stolz darauf einer etablierten jüdischen Familie in Berlin anzugehören. In seinem Lebenslauf als Abiturient 1866 schrieb er: „Ich, Max Liebermann, bin am 20. Juli 1847 in Berlin geboren. Mein Vater Louis Liebermann, erzog mich treu dem Glauben der Väter, in der jüdischen Religion.“

Sein Großvater Joseph Liebermann stammte aus Westpreußen und kam 1823 nach Berlin, wo er durch Handel und Produktion von Kattunen zu Wohlstand kam. Vater Louis und Onkel Benjamin führten das Unternehmen fort und bauten es aus, sodass sie bereits Ende der 1850er Jahre mehrfache Millionäre waren. Die Familien lebten an zentralen Plätzen von Berlin und gehörten zur Elite des Berliner Bürgertums. Louis Liebermann kaufte ein Stadtpalais am Pariser Platz 7. Benjamin zog mit seiner Familie in das Haus Unter den Linden 6. Dennoch war die Familie Liebermann auch im jüdischen Leben Berlins aktiv. Einige Familienmitglieder waren mehrere Jahre im Gemeindevorstand tätig und unterstützten Vereine der jüdischen Wohlfahrtspflege. Der Großvater Joseph Liebermann stiftete der Alten Synagoge an der Heidereutergasse, damals Berlins älteste Gemeindesynagoge, einen Thoravorhang. Trotz des Wohlstandes lebte Max Liebermann mit seinen beiden Brüdern und der Schwester eher spartanisch. Die Devise des Vaters lautete „Ihr müsst euch selbst ernähren...“ (Günter Meissner, Max Liebermann, S. 7). Nichtsdestotrotz war Max Liebermann, der gegen den Willen seines Vaters Maler wurde, später nicht darauf angewiesen mit seiner Kunst Geld zu verdienen.

Studien- und Wanderjahre

Bereits während der Gymnasialzeit nahm er Unterricht bei den Malern Eduard Holbein und Karl Steffeck. Beide sensibilisierten ihn bereits für die holländische Malerei. Von 1869 bis 1872 studierte er an der Kunstakademie in Weimar. Bei einem Besuch in Düsseldorf lernte er den ungarischen Maler Minhály Munkácsy kennen und wurde auf die Bauernmalerei aufmerksam. Max Liebermann begründete in Deutschland den Realismus. Seine Bilder „Die Gänserupferinnen“ (1872) sowie „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ (1879) lösten durch seine realistische Darstellung zunächst Skandale aus. Der Kunstkritiker Ludwig Pietsch sprach in der Berliner „Vossischen Zeitung“ im November 1872 über „Die Gänserupferinnen“ von „rohen, verkümmerten, durch angeborene, von Arbeit und Alter großgezogene Hässlichkeit, entstellten und verhunzten Menschenbildern“. Gleichzeitig bescheinigte er Max Liebermann: „Aber sein großes Talent hat er unbestreitbar erwiesen.“ (Chana Schütz, ebenda, S. 18f). Max Liebermann gelang es dieses Bild zu verkaufen. Seit 1894 ist es Bestandteil der Berliner Nationalgalerie. Mit seinem Gemälde „Der zwölfjährige Jesus im Tempel“ sah er sich antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt, wagte er es doch, Jesus als einfachen Jungen aus dem Volk darzustellen, der dunkelhaarig, typische Gesichtszüge eines Juden aufwies. Nachträglich hat Max Liebermann offenbar das Gemälde verändert und die jüdischen Züge abgeschwächt.

Von Ende 1873 bis 1878 hielt sich Max Liebermann in Paris, Barbizon und Venedig auf, ehe er sich mit einem eigenen Atelier in München niederließ. Seit 1876 bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges besuchte er regelmäßig Holland, ließ sich vom Leben der einfachen Leute und der kargen flachen Landschaft inspirieren. Szenen aus Waisenhäusern, Straßenszenen, aber auch das Treiben im Amsterdamer Judenviertel hielt er immer wieder im Bild fest. 1901 schrieb er: „Mit Recht hat man Holland das Land der Malerei par excellence genannt, und es ist kein Zufall, dass Rembrandt ein Holländer war. Die Nebel, die aus dem Wasser emporsteigen und alles wie mit einem durchsichtigen Schleier umfluten, verleihen dem Land das spezifisch Malerische. ... Und wie das Land so sind die Leute: nichts Lautes, keine Pose oder Phrase.“ (Chana Schütz ebenda, S. 26)

Rückkehr nach Berlin

Im September 1884 heiratete Max Liebermann Martha, eine geborene Marckwald, deren großbürgerliche Familie ebenfalls aus Westpreußen stammte. Mit der Heirat ließ sich Max Liebermann dauerhaft in Berlin nieder. Nach dem Tod seiner Mutter 1892 zog er mit seiner Frau und der im August 1885 geborenen Tochter Käthe ins Haus des Vaters am Pariser Platz. Max Liebermann setzte sich gegen Kaiser Wilhelm durch, der die Gebäude neben dem Brandenburger Tor abreißen lassen wollte und erwirkte 1898/99 den Ausbau des Dachgeschosses zu einem glasüberdachten Atelier. 1902 widmete Max Liebermann seinem Atelier ein Gemälde. „Atelier des Künstlers“ zeigt den Maler bei der Arbeit sowie Frau und Tochter auf einem Sofa sitzend beim Lesen. Aus Protest gegen das damalige Künstlerestablishment trat Max Liebermann 1892 der Künstlergruppe „Vereinigung der XI“ bei, deren Ziel es war künstlerische Ausstellungen zu veranstalten. Auslöser dafür war eine Ausstellung des Norwegers Edvard Munch in den Räumen des Vereins Berliner Künstler, die nach Protesten einiger Künstler wieder geschlossen werden musste.

1898 gründeten 65 Künstlerinnen und Künstler die „Berliner Sezession“, deren erster Präsident Max Liebermann wurde. Grund dafür war, dass die Jury der Großen Berliner Kunstausstellung 1898 das Landschaftsgemälde „Grunewaldsee“ von Walter Leistikow ablehnte. Im Frühjahr 1899 eröffnete die „Berliner Sezession“ ihre erste Ausstellung. In seiner Eröffnungsrede betonte Max Liebermann: „Bei der Auswahl der Werke war nur das Talent, in welcher Richtung es sich auch offenbarte, ausschlaggebend. ... Für uns gibt es keine allein seligmachende Richtung in der Kunst, sondern als Kunstwerk erscheint uns jedes Werk, welcher Richtung es auch angehören möge, in dem sich eine aufrichtige Empfindung verkörpert. Nur die gewerbsmäßige Routine und die oberflächliche Mache derer, die in der Kunst nur die milchende Kuh sehen, bleiben grundsätzlich ausgeschlossen.“ (Chana Schütz, ebenda, S. 53).

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