Die judenfeindliche Politik der Briten vor dem Unabhängigkeitskrieg von 1948

  

Oktober 6, 2018 – 27 Tishri 5779
Der Ausbruch aus dem Gefängnis von Akko

Von Karl Pfeifer

Der historische Kontext
Bis heute diskutieren nicht nur israelische Historiker darüber, wer mehr zum Abzug der Briten aus dem Heiligen Land beigetragen hat – die Hagana oder die Terrorgruppen Irgun und Lechi.
Der Jischuw war nach dem Zweiten Weltkrieg in zwei Lager gespalten; einerseits die linken Arbeiterparteien, die Hegemonie in der Gesellschaft ausübten, und auf der anderen Seite die Revisionisten, eine rechte Minderheit. Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden war die Frage der Gewaltausübung. Der bewaffnete Arm der Linken und der Bürgerlichen, die Hagana (zu Deutsch „Verteidigung“), folgte einer eher pazifistischen Tradition. Aber bereits während des arabischen Aufstandes (1936 -39) wurden kleine Eliteeinheiten vom britischen Offizier Charles Orde Wingate trainiert und schon während der 1930er Jahre Operationen gegen arabische Aufständische durchgeführt.

Die Revisionisten, die sich von der Hagana abgespalten und gleichzeitig als militärisch-nationale Organisation (EZEL oder Irgun) konstituiert hatten, griffen darüber hinaus auch arabische Zivilisten an. 

Nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges waren Hagana und Ezel sich einig, die Briten im Kampf gegen die Achse zu unterstützen. Eine kleine extremistische Gruppe jedoch, die Kämpfer für die Befreiung Israels (Lechi), die am Anfang von Abraham Stern angeführt wurde, wollte den Kampf gegen die Briten führen, weil diese aus dem Heiligen Land einen arabischen Staat machen wollten. Stern wurde 1942 von einem C.I.D.-Offizier getötet – seine Gruppe wurde unter den Namen „die Stern-Bande“ bekannt. 

Nach dem Krieg konfrontierten diese drei Gruppen – mit sehr unterschiedlichen Methoden – die Briten.

Das Weißbuch der Briten wollte die Juden fernhalten
Der Holocaust hatte den gesamten Jischuw erschüttert. Die fast vollständige Vernichtung des europäischen Judentums führte zu einer Krise. Die Bevölkerung – mit der die Zionisten den neuen Staat aufbauen wollten – war systematisch ermordet worden. Die Rettung der Überlebenden hatte absolute Priorität und führte ab 1945 zu einer Konfrontation mit den Briten, die am judenfeindlichen Weißbuch – das die radikale Begrenzung der jüdischen Einwanderung forderte – auch nach Kriegsende festhielten.

Die drei erwähnten Gruppen begannen mit ihren Aktionen gegen die Briten am 31. Oktober 1945 mit einer Serie von Angriffen gegen die Eisenbahn, die Ölraffinerie und Polizeiboote. Die erste Phase dieses Aufstandes, „Vereinter Widerstand“ genannt, dauerte bis zum August 1946. Es gab zwischen den Gruppen eine gewisse Koordination, aber politische und strategische Differenzen blieben bestehen. Die Hagana begrenzte ihre Gewalt auf Objekte, um die Briten zum Überdenken ihrer Einwanderungspolitik zu bewegen. Deswegen konzentrierte sie ihre Angriffe auf die Radar-Stationen an der Küste und auf Polizeiboote. Aber auch die Eisenbahn wurde sabotiert, um so ökonomischen Druck auf die Mandatsmacht auszuüben. Der Irgun und die Sterngruppe engagierten sich aber in einem Kampf um die „nationale Befreiung“. Sie glaubten nicht an eine Änderung der britischen Haltung und wollten die Briten aus dem Land haben. In diesen ersten neun Monaten nach dem Oktober 1945 gab es 78 Angriffe.

Wendepunkt King-David-Hotel
Doch der „Vereinte Widerstand“ endete als der Irgun im Juli 1946 das Hauptquartier der britischen Verwaltung in einem Flügel des King-David-Hotels in Jerusalem in die Luft sprengte und dabei 92 Menschen ermordete. 
Ich war damals schon Mitglied des Palmach, einer ständig mobilisierten Eliteeinheit der Hagana. Wir betrachteten dies als Sabotage der zionistischen Diplomatie und lehnten diese Methode aus moralischen und politischen Gründen ab. Die beiden Gruppen wurden von uns „Haporschim“, die Abtrünnigen, genannt. In der zweiten Phase, während der nächsten 12 Monate, führten Irgun und die Sterngruppe 286 Angriffe durch. Insgesamt kam es während dieser zwei Jahre zu über 1.000 Opfern. Das Land wurde zunehmend unregierbar.

Die Zionisten führten im Ausland eine sehr erfolgreiche Kampagne gegen Großbritannien, insbesondere in den USA, wo eine politisch aktive jüdische Bevölkerung – aber auch viele Nichtjuden – erreicht wurden. Die USA waren der größte Kreditgeber von Großbritannien und konnten somit Druck ausüben. Es wurde betont, dass die Aufständischen gewinnen würden und der britische Abzug aus dem Land unvermeidlich sei. Die britische Politik wurde als illegal charakterisiert, vor allem mit Hinweis auf die unmenschliche Begrenzung der jüdischen Einwanderung. So konnte der jüdische Widerstand erfolgreich als Selbstverteidigung dargestellt werden und oft genug wurden die Briten pauschal als Antisemiten hingestellt. Was zum Teil natürlich zutraf, denn London bevorzugte die Araber und die radikale Begrenzung der jüdischen Einwanderung verletzte die Bestimmungen des Mandats. Die Briten haben das Land nicht zu einer Demokratie gemacht, sondern regierten es mit Notstandsverordnungen, die durch eine große Polizei- und Militärmacht erzwungen wurden.

Worte und Taten einiger führender britischer Beamten bzw. Mitglieder des Sicherheitsapparats waren antisemitisch grundiert. Dies brachte die britische Regierung in Verlegenheit und schwächte ihre Glaubwürdigkeit im In- und Ausland. Auch dies war einer der Gründe dafür, dass Außenminister Ernest Bevin am 14. Februar 1947 im britischen Parlament erklärte, das Vereinte Königreich werde das Mandat der UNO übergeben.

Der Ausbruch aus dem Gefängnis Akko
Der Angriff auf und der Ausbruch aus dem Gefängnis Akko erfolgte im Mai 1947, also nach dem britischen Beschluss. Er ist ein Beispiel einer terroristischen Aktion, die von den Briten erwartet, jedoch nicht verhindert werden konnte.
Am Sonntag, dem 4. Mai 1947 um 16.10 Uhr, als die Häftlinge sich im Hof des Gefängnisses befanden, wurden drei Handgranaten von außen auf die arabischen Wärter geschmissen. Dann wurden diese auch mit Gewehren und Maschinengewehren beschossen. In den Dokumenten der C.I.D. wurde der von jüdischen Terroristen begangene Einbruch und Ausbruch aus dem Gefängnis detailgetreu geschildert. Die Angreifer hatten ein Loch in die Mauer gesprengt, 29 jüdischen Häftlingen gelang die Flucht. (…)

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