Paul Moses Strasko betreute zwei Jahre die Jüdische Gemeinde Duisburg − Mülheim/Ruhr − Oberhausen. Jetzt kehrt er in seine Heimat zurück. Die Promotion läuft in Deutschland weiter. 

August 7, 2014 – 11 Av 5774
«Back to the USA»

Als Paul Moses Strasko am 1. Juli 2012 sein Amt als neuer Gemeinderabbiner der Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim-Oberhausen antrat, traf er auf eine Gemeinde, deren Mitgliederzahl bei knapp 3.000 liegt − die viertgrößte in Nordrhein-Westfalen, und damit unter den 15 größten Gemeinden Deutschlands rangierend −, auf eine architektonisch bestechende Synagoge (nach Entwürfen von Zwi Hecker) und auf ein reges Gemeindeleben, das über eine ausgezeichnete gemeindliche Infrastruktur sowie über einen interkonfessionellen Kindergarten verfügt.

Mit Rabbiner Strasko bekam die Gemeinde mit drei Standorten im Ruhrgebiet nicht nur einen neuen nicht orthodox ausgerichteten Rabbiner erhalten, sondern auch einen studierten Musikwissenschaftler mit einer sehr interessanten Biographie – ein Rabbiner mit ausgeprägten seelsorgerischen Eigenschaften, ausgestattet mit einer sympathisch gewinnenden Art. Zugleich bedeutete dies für die Gemeinde ein Wechsel von orthodoxen zu liberaleren Strukturen. Straskos Vorgänger, Rabbiner Yaacov Zinvirt, der fünf Jahre in Duisburg amtiert hatte, ist ein direkter Nachfahre des berühmten Elimelech aus Lischansk, eines bedeutenden chassidischen Rabbiners aus Polen, und Mitglied der Orthodoxen Rab- binerkonferenz.

Viele Rabbinerwechsel
Nach nur zweijähriger Tätigkeit als Gemeinderabbiner hat Rabbiner Paul Moses Strasko bereits im Juni 2014 die Jüdischen Gemeinde Duisburg-Mülheim/Ruhr-Oberhausen auf eigenen Wunsch verlassen.

Dieser Entschluss kam zwar plötzlich, unerwartet war er letztendlich auch nicht. Damit musste sich die Gemeinde erneut einen Rabbiner suchen. In der Geschichte des 1999 errichteten Jüdischen GemeinDe zetrums, im Duisburger Innenhafen gelegen, gibt es in 15 Jahren nunmehr den sechsten Gemeinderabbiner, was einer Kontinuität abträglich, dafür aber beinahe rekordverdächtig ist.

Vor der Rabbinischen Ausbildung stand bei Paul Moses Strasko zunächst ein eher künstlerisch orientiertes Leben. 1972 in Anaconda, Montana, USA, geboren, studierte der verheiratete junge Mann zunächst an der University of Montana Komposition und Klarinette. Eine Zeit lang arbeitete er als Feuilletonist bei einem alternativen Monatsmagazin. Musik spielt in seinem Leben eine große Rolle, theoretisch und praktisch: Strasko spielte in verschiedenen Symphonie-Orchestern Klarinette, Saxophon und Klavier – und in mehreren Jazzbands.

«Tikkun Olam» vor Augen
Als ausgebildeter und mehrfach ausgezeichneter Musiker arbeitete er ungefähr zehn Jahre als Projektleiter für Softwarefirmen und Pharmaunternehmen in Philadelphia und Seattle. Doch er spürte, dass dieser Beruf nicht sein «Schicksal» war, obwohl er sich eine gewisse Lebenserfahrung erwerben konnte. Das synagogale Leben zog ihn als erwachsener Mann immer mehr an. Strasko wurde immer bewusster, Rabbiner werden zu wollen. Offenbar war es eine Mischung von allem, was ihn bei diesem Wunsch inspirierte – Musik, Spiritualität, Beziehung, Gelehrsamkeit, Erziehung. Wenn er dadurch ein kleines bisschen «Tikun Olam» (Verbesserung) in die Welt bringen könne, sagt Strasko, dann habe er richtig gewählt. Im Jahre 2005 änderte er sein Leben ganz entscheidend, und er begann ernsthaft, sich auf eine Rabbinerausbildung vorzubereiten. Strasko flog nach Deutschland, um Rabbiner Walter Homolka zu treffen und sich als Rabbinerkandidat vorzustellen. «Ich glaube das Auswahlgremium dachte, dass ich ein bisschen verrückt war, die USA zu verlassen, um mich einer Diaspora auszusetzen», erinnert er sich. Paul Moses Strasko ist ein Mann mit einer weltläufigen Bildung, der seinen Master in Jüdische Studien an der säkularen Universität in Potsdam gemacht und am liberalen Abraham-Geiger Kolleg in Berlin/Potsdam studiert hat und über alles verfügt, was einen modernen Rabbiner ausmacht. Er verkörpert einen Rabbinertyp − progressiv und orthodox in einem −, der in Deutschland gebraucht wird. Zu seinem Studium gehörte eine Ausbildung an der Hebräischen Universität sowie am Hebrew Union College in Jerusalem. Im Rahmen seines Rabbinerausbildungsprogramms verbrachte er im Auftrag des Abraham- Geiger-Kollegs zwei Sommersemester in derSteinsaltzYeshivainJerusalem.Im November 2011 wurde er schließlich in Bamberg als Rabbiner ordiniert.

«Kreativ heißt Zukunft»
Rabbi Strasko spricht von einer «unerwarteten Perspektive» als Rabbiner in Deutschland. Es gebe immer noch Leute in den USA und Israel die sagen, man solle wegen der Shoa nicht nach Deutschland zurückkehren.

Von Katharina SOMMER

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