Erlebnisse in der neutralen Türkei während des Zweiten Weltkrieges  

Mai 13, 2015 – 24 Iyyar 5775
Zwischenstopp Istanbul

Von Karl Pfeifer

(...) Ich war mächtig stolz, als ich am ersten Schultag im September 1939 allein zum jüdischen Gymnasium in Budapest gehen durfte. Kaum war ich in die Nähe des Gymnasiums gelangt, als mich Schüler einer Nachbarschule als „stinkenden“ und „schmutzigen“ Juden beschimpften. (...) So reifte auf dem kurzen Weg zur Schule mein Entschluss,auch kein Ungar sein zu wollen.

(...) Obwohl sein Neffe Jancsi schon in einem Strafbataillon in der Ukraine geschunden wurde und das in der Familie bekannt war, meinte Onkel Arthur: „Hier ist nicht Deutschland, hier ist nicht Polen, hier gibt es eine tausendjährige christlich-ungarische Kultur, außerdem war ich Offizier im Krieg und wurde mit dem Karlskreuz ausgezeichnet“. Diese Haltung war damals typisch für die meisten ungarischen Juden – je mehr man sie diskriminierte, desto patriotischer wurden sie. Ich sagte bescheiden, dass ich nur 14 Jahre alt sei und trotzdem Ungarn verlassen werde. Onkel Arthur wurde mit Ehefrau, mit Tochter und Enkelin sowie den beiden Söhnen im Frühjahr 1944 nach Auschwitz-Birkenau deportiert und niemand aus dieser Familie kam zurück.
(...)
In meiner Rede habe ich nicht die tragischen Ereignisse erwähnt, die sich damals in der Türkei ereigneten. Gerade als wir in Istanbul waren, wurde eine besondere Vermögenssteuer beschlossen. Obwohl dieses Gesetz für alle gelten sollte, benützte die türkische Regierung diese Steuer dazu, um Juden, Armenier, Griechen und Dönme, deren Vorfahren Juden waren, die vor hunderten Jahren zum Islam übergetreten waren, zu diskriminieren. Das Gesetz wurde ohne Durchführungsbestimmungen erlassen und öffnete so der Willkür Tür und Tor. „EchteTürken“ mussten lediglich eine symbolische Summe bezahlen, doch im Fall der Juden und anderer Minderheiten war die Steuer so hoch wie das jeweilige Vermögen, so dass die meisten nicht zahlen konnten und ihr Eigentum versteigert wurde. Mit Ausnahme der Matratzen wurde den Unglücklichen alles genommen.Wenn der Raubzug nicht genug einbrachte, wurden sie verhaftet und zur Zwangsarbeit in die Dörfer Anatoliens verbracht.

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