Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini steht für den antiisraelischen Kurs der Union  

Dezember 4, 2015 – 22 Kislev 5776
Ganz schön Anti-Israel

Von Jerome Lombard

(…) Den entscheidenden Impuls gab dann ein offener Brief von 16 der 28 EU-Außenminister im April diesen Jahres. Darin fordern die Minister (Deutschlands Frank-Walter Steinmeier gehört nicht zu den Unterzeichnern) die rasche Umsetzung der jetzt beschlossenen Labeling-Regelung mit dem Argument, so ein Zeichen gegen den anhaltenden israelischen Siedlungsbau zu setzen. Adressiert war der Brandbrief an die Hohe Vertreterin der EU für Außen-und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini.

Bei der sich seit November 2014 in den Diensten der EU befindenden Italienerin rannten die Außenminister mit ihrem Begehr offene Türen ein. Die 42-Jährige europäische Chefaußenpolitikerin hat den de facto-Warenboykott unterstützt und sich um eine rasche Beschlussfassung in der Kommission bemüht. Und das bekanntlich mit Erfolg. Und auch ansonsten hat das zweifellos attraktive internationale Gesicht der Europäischen Union in ihrer nunmehr einjährigen Amtszeit als Außenbeauftragte deutlich gemacht, dass ihr der jüdische Staat nicht gerade am Herzen liegt und sie den anti-israelischen Kurs vieler Mitgliedstaaten unterstützt und als gesamteuropäische Politik mitträgt.

Was denkt Mogherini über Israel?
Oft und gerne spricht die studierte Politikwissenschaftlerin Mogherini über das ureigene Interesse Europas an einer Neuauflage des Friedensprozesses im Nahen Osten. Einen dauerhaften Frieden kann es für Israel nur mit einem friedlichen und demokratischen Palästinenserstaat als Nachbarn geben. Die EU will sich unter ihrer außenpolitischen Ägide wieder verstärkt dafür einsetzen und zwischen beiden Parteien vermitteln. Friede, Freude, Eierkuchen. Schön und gut. Dumm nur, dass Europas Außenbeauftragte offenbar wenig von den Realitäten und Dynamiken im Nahen Osten versteht, oder nicht verstehen will.

Als Ende Oktober die jüngste palästinensische Angriffswelle gegen israelische Staatsbürger auf ihrem Höhepunkt war, sprach sich Mogherini für ein sofortiges Ende der Gewalt aus. Während einer Pressekonferenz erklärte sie, dass ein Andauern der Gewalt insbesondere in der Heiligen Stadt Jerusalem fatale Auswirkungen auf die internationale Sicherheitslage haben würde. Wenn sich die Lage in der Stadt nicht beruhige, so Mogherini, könnte der Terrorismus weltweit neuen Auftrieb bekommen: „Wenn wir nicht handeln, wenn die politisch Verantwortlichen vor Ort nicht handeln, besteht das Risiko, dass dies eine wesentliche Quelle für Radikalisierung ist. Nicht nur in der Region, sondern weltweit.“ Die Welt schaue auf den Konflikt, fügte die EU-Außenbeauftrage hinzu, wegen seiner Verzahnung mit dem Kampf „gegen Terrorismus und den ‚Islamischen Staat‘ (IS). Das ist nicht etwas, worüber wir ohne Zusammenhang zur Lösung der Krise oder politischer Konflikte auf der ganzen Welt sprechen.“

Das Morden in Syrien, terroristische Anschläge durch Dschihadisten in Europa, Bombenanschläge von Boko Haram in Nigeria und die Vertreibung von Christen im Nahen Osten als Folgen israelischer Politik? Sicher, der israelisch-arabische Konflikt wird nicht selten von Antisemiten und islamistischen Fundamentalisten als propagandistisches Werkzeug zur Radikalisierung neuer Gesinnungsgenossen genutzt, aber er ist nicht der Grund dafür, wie es Mogherini nahelegt. Will man ernsthaft über den Kampf gegen den internationalen Terrorismus und insbesondere gegen den IS sprechen, muss man über die gefährliche Ideologie des politischen Islam und nicht über die Sicherheitspolitik des jüdischen Staats sprechen. Solch eine Verdrehung von Ursache und Wirkung, die einer Stigmatisierung Israels als eigentliche Ursache von weltweitem Terrorismus gleichkommt, darf einer europäischen Außenbeauftragten, die an der renommierten La Sapienza-Universität in Rom mit einer Arbeit zum Thema „Das Verhältnis zwischen Religion und Politik im Islam“ abschloss, nicht passieren.

Immerhin ist Mogherini, jahrelanges Mitglied in der Demokratische Partei, den italienischen Sozialdemokraten, eine erfahrene Politikerin. Aber vielleicht ist es ja genau diese Denkweise, die erklärt, warum auch unter einer Außenbeauftragten Mogherini die finanzielle Unterstützung anti-israelischer Nichtregierungsorganisationen aus europäischen Töpfen unwidersprochen weitergeht.

Darunter sind offen antizionistische Gruppen wie „Zochrot“, die Israel das Existenzrecht als Nationalstaat des jüdischen Volkes abspricht und sich für die „Rückkehr“ aller Palästinenser einsetzt.

Ganz nebenbei: Die politische Stiftung der deutschen Linkspartei, die Rosa-Luxemburg-Stiftung, zählt ebenfalls zu den generösen Spendern und Unterstützern von „Zochrot“. Es ist jedenfalls zu erwarten, dass die sich durch die Kennzeichnungspflicht anbahnende politische Eiszeit zwischen der EU und Israel unter Mogherini fortsetzt. Das ist kein gutes Zeichen in einer Zeit, in der die westliche Wertegemeinschaft mehr denn je Geschlossenheit gegenüber ihren Feinden demonstrieren sollte.

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