Die Anbiederung hat nichts gebracht  

Dezember 4, 2015 – 22 Kislev 5776
Europas Tag der Abrechnung

Von Stefan Frank

Diesmal gab es kein „Wir schaffen das“. Doch dafür hatte Bundeskanzlerin Merkel nach dem Sturm des Dschihad auf Paris eine andere Botschaft für das französische Volk: „Wir weinen mit Ihnen.“

Worte, die in die Geschichte eingehen werden wie Roosevelts „a date which will live in infamy“. Dass Merkel mit ihnen weint, wird nicht nur den Franzosen Halt geben, sondern auch die Deutschen moralisch aufrichten und stärken, denen ja, wie der Islamische Staat durch die Wahl seines Ziels – am Rande des Freundschaftsspiels Frankreich-Deutschland – und die vorangegangene Bombendrohung gegen das Hotel der deutschen Nationalmannschaft hinreichend klar gemacht hat, die nächsten Terroranschläge gelten werden. Tränen lügen nicht.

Merkel ist nicht der erste Mensch an der Spitze eines Staates, der sich einem bösartigen Feind gegenüber sieht, den niederzuringen alle Kräfte der Nation erfordert. Sie dürfte aber die Erste sein, die glaubt, ihn durch Weinen zu bezwingen. Als Winston Churchill sich am 13. Mai 1940, drei Tage nach seinem Amtsantritt, an das britische Unterhaus wandte, um dessen Unterstützung für den Krieg gegen Deutschland zu ersuchen, sagte er, er wolle eine Regierung bilden, „die den vereinten und unbiegsamen Entschluss der Nation“ verkörpere, „den Krieg mit Deutschland zu einem siegreichen Ende zu führen.“ Und weiter: „Ich sage zu diesem Haus dasselbe, was ich zu denen gesagt habe, die der Regierung beigetreten sind: ‚Ich habe nichts zu bieten ausser Blut, Mühsal, Tränen und Schweiß’.“

Ist es unfair, die Vermutung aufzustellen, Churchills Rede wäre eine Spur weniger überzeugend gewesen, wenn er einfach nur gesagt hätte: „Ich habe nichts zu bieten außer Tränen“? Dass Merkel nicht wie Churchill ist – wer ist das schon? –, ist freilich noch das geringste unserer Probleme. Sehr viel schwerer wiegt der schiere Umstand, dass heute, da die Europäer sich in einem Krieg befinden, der auf ihre Vernichtung zielt, Deutschland und Europa von einer Person geführt werden, deren Zurechnungsfähigkeit ernsthaft in Frage steht. Das fällt auch dem Ausland auf. In einem am 26. Oktober in der Londoner „Financial Times“ veröffentlichten Leitartikel mit dem Titel „Das Ende der Ära Merkel ist in Sicht“, schreibt Gideon Rachman: „Einige Wähler haben offenbar die Schlussfolgerung gezogen, dass Mutti verrückt geworden ist – Deutschlands Grenzen weit aufzumachen für alle mit Mühsal Beladenen dieser Welt.“

Und weit aufzumachen, muss man hinzufügen, für alle Terroristen. Davor hatte uns ja der libanesische Bildungsminister Elias Bou Saab gewarnt: Nach Erkenntnissen der libanesischen Regierung seien zwei Prozent der 1,1 Millionen Bewohner libanesischer Flüchtlingslager Terroristen des Islamischen Staates, sagte er im September, und fügte hinzu, dass diese wahrscheinlich auf dem Weg nach Europa seien: „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass sie [der Islamische Staat] solch eine Operation durchführen. Nach Europa und in andere Länder gehen.“

Selbstverständlich tun sie das. Was hätte den Islamischen Staat in Abwesenheit jeglicher Grenzkontrollen daran hindern sollen, kriegserprobte Selbstmordkommandos nach Europa zu bringen, um in Großstädten Massaker zu verüben? Niemand hat geglaubt, dass sie das nicht tun werden – niemand außer denen, die die Macht im Staat haben, natürlich: „Die Mär vom eingeschlichenen Terroristen“, betitelte der Journalist Georg Mascolo noch am 15. Oktober seinen Beitrag in der „Süddeutschen Zeitung“!

Nun heißt es, mindestens zwei der Pariser Attentäter seien als „Flüchtlinge“ über Griechenland eingereist. Wer hätte das gedacht? Im Bundeskanzleramt und in den Redaktionen von Deutschlands halbamtlichen Zeitungen ist man sicherlich aus allen Wolken gefallen. „Hast du schon gehört, Peter, unter den Millionen, die unkontrolliert über die offenen Grenzen gekommen sind, waren doch Terroristen“– „Na, da brat’ mir doch einer ‘nen Storch!“ Man kann sich lebhaft vorstellen, wie bei der „Süddeutschen“ und anderswo die Telefone klingeln, lauter kritische Leser, die nun bohrende Fragen stellen. (…)

Das betrifft ganz Europa. In den 1970er Jahren bezahlte die PLO ihren Terror vor allem mit Schutzgeld, das staatliche europäische Fluggesellschaften ihr zahlten, damit diese sie bei ihren Anschlägen verschonte. In ihrem Buch „Europa und das kommende Kalifat“ beschreibt Bat Ye’or, wie die italienische Regierung es in den Siebziger Jahren erlaubte, dass arabische Terroristen Waffen durch Italien transportierten und sogar Anschläge auf Juden verüben durften; das einzige, was sie erbat, war, dass keine Nichtjuden getötet werden dürften – eine ungewollte Begleiterscheinung des Pakts war die versehentliche Sprengung des Bahnhofs von Bologna im Juli 1980. Francesco Cossiga, der ehemalige Staatspräsident, der im Lauf seines Lebens viele hohe Regierungsämter bekleidet hatte, hat es 2008 in einem Interview mit „Corriere della Sera“ ans Licht gebracht. Darin, so Bat Ye’or, „zitiert er die Vereinbarung aus den frühen 1970er Jahren, die zwischen Ministerpräsident Aldo Moro und Arafat … getroffen wurde. Danach konnten die palästinensischen Terroristen nach Belieben kommen und gehen, unter dem Schutz des Geheimdienstes im Lande umherreisen, Stützpunkte und Waffenlager anlegen – mit der Gegenzusage, Italiens innere und äußere Interessen ungeschoren zu lassen.

Dabei enthüllte Cossiga, dass sich der vereinbarte Schutz keineswegs auf die italienischen Juden erstreckte. Am 9. Oktober 1982 eröffneten sechs Terroristen das Feuer auf Angehörige der Gemeinde von Rom, als sie die Große Synagoge verließen. Dutzende von Juden wurden verletzt und Stefano Taché, ein zweijähriges Kind, getötet. Dabei waren schon einige Stunden vor dem Angriff die vor der Synagoge postierten italienischen Polizisten verschwunden. Erstmals gab Cossiga zu, dass die Explosion im Bahnhof von Bologna im Juli 1980, die 85 Menschen tötete und 200 verletzte, von Terroristen der PFLP, der mit der PLO verbundenen Organisation des George Habash, verübt worden war. Wie er weiter ausführte, sollte die Bombe, die unbeabsichtigt im Gepäckbereich explodierte, keine Nichtjuden töten.

Seinerzeit Ministerpräsident, hatte Cossiga die Palästinenser entlastet, indem er die Tat den Neofaschisten in die Schuhe schob. In einem Interview mit dem Rom-Korrespondenten des Yediot Ahronot räumte Cossiga sogar ein, dass die italienische Regierung Angriffe auf israelische und jüdische Ziele duldete und die Terroristen trotz der hohen Opferzahlen fortwährend schützte.“

Arabische Terroristen fördern und Israel schikanieren, damit Europa verschont bleibt, das war die Logik. Doch die Bibel sagt: „Wer eine Grube gräbt, der wird hineinfallen; und wer einen Stein wälzt, auf den wird er zurückkommen.“ (Sprüche 26, 27). Europa wollte, dass der Terrorismus sich nur gegen Israel richtet und einen Bogen um Europa macht. Stattdessen ist Israel heute wahrscheinlich sicherer.

Nicht in Israel, sondern in Europa wütet jetzt das, was der aus dem Libanon stammende Amerikaner Walid Phares, der wie kein anderer den islamischen Terrorismus versteht, schon vor einem Jahrzehnt den „urban jihad“ nannte: Mit Sturmgewehren, Sprengstoff, Granaten und Aufputschmitteln ausgestattete Terroristen greifen zeitgleich an verschiedenen Orten einer Metropole an und ermorden innerhalb weniger Stunden die größtmögliche Zahl von Zivilisten. Der Terror von Mumbai am 26. November 2008 war die Blaupause dafür. Diese Art von Terrorismus wird Europa noch oft erwischen.

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