Die Argumente der Islamismus-Verharmloser sind schwach  

Februar 2, 2017 – 6 Shevat 5777
Ein offener Brief an Kulturrelativisten & Dschihadismus-Apologeten

Von Anastasia Iosseliani

Liebe Ladies & Fellas,

alle Jahre wieder scheint es, muss ich gegen diese irrsinnigen Kulturrelativisten & Dschihadismus-Apologeten anschreiben, ja anschreien… Es ist einerseits ermüdend & andererseits bitter notwendig, denn sie kriechen aus allen Löchern, aus denen man sie kriechen lässt.

Hier ist so ein Paradebeispiel für Kulturrelativismus, dieses Mal versucht ein tunesischer Politologe zu erklären, warum aus Tunesien so viele Dschihadisten ausreisen, um sich in Syrien oder dem Irak entweder dem IS anzuschließen, oder anderswo Menschen für den IS zu ermorden. Als Erklärung für die Anschläge von Berlin & Nizza, welche in beiden Fällen von kriminellen, tunesischen Schulabbrechern verübt wurden, benutzt dieser Politologe die Jugendarbeitslosigkeit unter Akademikern in Tunesien.

Ich persönlich finde das in höchstem Masse bizarr, unaufrichtig & unseriös. Dazu einige Fakten über die Dschihadisten-Krise in der Ummah im Allgemeinen & in Tunesien im speziellen:

Dschihadisten stammen aus allen Schichten, von einem reichen Osama Bin Laden, der aus einem der angesehensten Clans Saudi-Arabiens stammt, bis zu einem Schulabbrecher wie Anis Amiri, ist alles dabei.

Tunesien hat die höchste Anzahl an Dschihadisten weltweit, welche sich außerhalb Tunesiens in die Dienste unterschiedlicher Terrorgruppen wie dem IS stellen. Konservative Schätzungen gehen von 5.000 bis 8.000 tunesischen Dschihadisten aus.

Der politische Islam ist an sich keine Modeerscheinung, er flackerte immer wieder in der 1.400-jährigen Geschichte des Islams auf & manifestierte sich mit der Gründung der Muslimbruderschaft 1928 zu einer greifbaren Organisation, welche seitdem ständig gewachsen ist & heute Vorbild für viele andere Organisationen (Hamas in Gaza) & Parteien (Ennahda in Tunesien) ist.

Den Aufstieg des politischen Islam ging einher mit der Islamischen Revolution im Iran einerseits & dem Versagen des Baathismus/arabischen Nationalismus andererseits. Der politische Islam ist die fragile Brücke, welche die persischen Schiiten & die arabischen Sunniten für einen kurzen Zeitraum eine Illusion der Einigkeit geben konnte.

Das waren nun ein paar Fakten zu Dschihadismus & Islamismus – kommen wir nun zu den eigentlichen Gründen, warum ich es in höchstem Maße unaufrichtig & unseriös finde, wenn Kulturrelativisten & Dschihadismus-Apologeten z.B. die Jugendarbeitslosigkeit in Tunesien als Entschuldigung für tunesische Dschihadisten innerhalb & außerhalb von Tunesien, benutzen wollen. Zuallererst mal hat nicht nur Tunesien eine hohe Jugendarbeitslosigkeit unter Akademikern, sondern z.B. auch Griechenland oder Spanien. Diese Staaten haben aber kein solches Dschihadismusproblem wie Tunesien. Nun könnten Dschihadismus-Apologeten & Kulturrelativierer einwenden, dass beide Staaten nicht erst seit gestern Demokratien sind & eine halbwegs funktionierende Zivilgesellschaft haben.

Dazu möchte ich mein bestes Beispiel aufführen: Ich bin zu einem Viertel Georgierin, habe als Kind eine Zeit lang in Tiflis gelebt & weiß ein, zwei Dinge über dieses Land. Unter anderem, dass Georgien über 600 Jahre okkupiert war, zuerst vom Persischen Reich, dann, nach dem Vertrag von Golestan, von Russland. 1991 wurde Georgien wieder unabhängig & hat seitdem zwei Kriege, zuerst einen Bürgerkrieg in den Neunzigern & dann, 2008, einen Krieg gegen Russland & eine demokratische Revolution überlebt. Trotzdem exportiert Georgien seine Probleme nicht & georgische Politiker & Wissenschaftler üben sich nicht in Apologetentum, wenn sie auf die noch vorhandenen Probleme in Georgien angesprochen werden. Es erübrigt sich zu sagen, das Georgien, trotz all der oben genannten Fakten, im Gegensatz zu Tunesien, kein Dschihadisten-Problem hat.

Summa summarum meine ich, dass dieses Apologetentum in Bezug auf Dschihadismus das Problem nur vergrößert & darum bin ich der Ansicht, dass man aufhören soll Apologeten eine Stimme zu geben. Denn das eigentliche Problem bei Dschihadismus ist nicht die Jugendarbeitslosigkeit unter Akademikern in Tunesien, wie der Fall Anis Amri so schön zeigt, sondern der Dschihadismus selber ist das Problem. Der Dschihadimus, welcher die Essenz des politischen Islam ist, dessen Ziel es ist, einen weltweiten islamischen Staat zu erschaffen, in welchem nur die Scharia gilt & Nicht-Muslime entweder getötet oder als Dhimmi, als Menschen zweiter Klasse, leben müssen.

Anastasia Iosseliani betreibt in der Schweiz den Blog www.pinkkoshernostra.org

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