Die Zeit ist reif für mutige Lösungen - ein satirisches Essay  

Januar 4, 2016 – 23 Tevet 5776
Die Zwei-Staaten-Lösung für Frankreich muss her!

Von Jerome Lombard

Es sind diese unsere Zeiten, die nach mutigen Entscheidungen verlangen. Den gewaltigen und drängenden politischen Herausforderungen kann nur noch mit unorthodoxen Lösungen adäquat begegnet werden. 2016 könnte ein großes Jahr, ein Jahr des Nonkonformismus und der politischen Aktion, werden. Der Gedanke, der in diesem Text ausgeführt werden soll, ist opportunistisch, anti-utopisch und vernünftig. Es ist die Herstellung des Muslimstaats in einem geteilten Frankreich.

Europa steht im Fadenkreuz des islamistischen Terrorismus und wird von den selbsternannten Kriegern Allahs bedroht, wie noch niemals zuvor in seiner Geschichte. Aus Nahost, Afrika und Asien suchen tausende Menschen auf dem alten Kontinent Zuflucht vor Krieg, Diktatoren, Islamismus und der Unfähigkeit der politischen Eliten in ihren Heimatländern wenigstens dem Hobbeschen Staatsideal zu entsprechen und für die Sicherheit von Leib und Leben, den Schutz von Hab und Gut, zu sorgen. Pursuit of happiness: failed. Democracy promotion: failed. Der Mensch ist des Menschen Wolf: allgegenwärtig. Hobbes hat recht behalten.

In Europa treibt die Menschen die Frage um: Können unsere Staaten den vielen Flüchtlingen eine Zukunft bieten? Oder semantisch umgedreht: Können die vielen Flüchtlinge unseren Staaten eine Zukunft bieten? Rein demographisch gesehen ist die Zuwanderungswelle für die alternden Nationen Europas Gold wert. Die Wirtschaft frohlockt. Aber zur ganzen Wahrheit gehört eben auch: Die überwiegende Mehrheit der Neuen ist muslimischen Glaubens und stammt häufig aus Kulturkreisen, in denen Antisemitismus und die Ablehnungder Moderne weitverbreitete Phänomene sind. Und wenn Europa seine christlich-jüdischen Wurzeln und damit auch so feine Dinge wie Demokratie, Gleichberechtigung, Individualismus und liberale Werte aufrechthalten will, ist ein bejahendes Bewusstsein für eben dieses Fundament das Gebot der Stunde. Weder unkritisches Welcome-Gerufe noch nationalistisches Grenzen-Dicht-Geheul kann die Antwort sein.

„The shit is real“, wie Gangsterrapper Fat Joe zu sagen pflegt und damit mal wieder den Nagel auf den Kopf trifft. Coole Rapper sind sowieso die besseren Politiker, finden Sie nicht auch? So ein harter Junge mit seinen noch härteren Texten hat Street Credibility und sagt unverblümt, was Sache ist und was ihm passt, und was nicht. Ob Islamisten wohl deswegen den akustischen Genuss von Hip Hop und Rap untersagen?

Ja ja, diese islamischen Fundis. Als wenn der Zustand Europas nicht schon dramatisch genug wäre, setzen die gar nicht coolen Dschihadi-Gangster vom „Islamischen Staat“ (IS) dem Ganzen noch die Krone auf. Nicht genug, dass die Islamo-Faschos mit ihren Kalaschnikows und Panzerabwehrraketen große Teile Syriens und des Irak in eine Hölle auf Erden verwandelt haben und ihre prä-moderne Apokalypse gerne auf die ganze Welt ausbreiten würden, nein, als Hauptziel in ihrem globalen Feldzug gegen das Gute und die Menschlichkeit haben sie ausgerechnet Frankreich ausgewählt. Jenes Land also, das der Welt einst vorgemacht hat, wie man einen absoluten Herrscher stürzt und ihn mit der Kraft der Aufklärung durch Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ersetzt. Heutzutage frisst die Revolution nicht mehr ihre Kinder. Die Kinder fressen die Revolution samt ihrer Errungenschaften. Die Dschihadisten, die Frankreich nicht nur im letzten Jahr wiederholt terrorisiert haben, stammten in ihrer Mehrheit alle aus dem Schoß eben dieses Mutterlandes. Sie sind hier geboren, aufgewachsen und im Erwachsenenalter zu so bezeichneten „homegrown terrorists“ geworden.

Angesichts der gegenwärtigen Sicherheits-und Gefahrenlage, sprechen nicht wenige Experten von einer „Israelisierung“ der Verhältnisse. Gemeint ist damit die omnipräsente Gefahr islamistisch motivierter Attentate. Ein Zustand also, in dem sich die Bewohner des jüdischen Staates praktisch seit ihrer nationalen Unabhängigkeit bis heute befinden. Diese Angst des Terrors 24/7 geht nun auch in Europa um.

Aber keine Panik! Zum Glück hat die internationale Gemeinschaft schon vor Jahren ein Patentrezept dafür erarbeitet, wie man den Terror ein für alle Mal stoppen kann. Denn was fordern Vereinte Nationen, Europäische Union und Co. gebetsmühlenartig und mit streng erhobenem Zeigefinger von den Israelis? Gebt den Palästinensern doch einfach einen eigenen Staat, dann hört auch der Terrorismus auf und ewiger Frieden wird über euer Land hereinbrechen! So einfach ist das. Ein wenig Land und schwupps, ist der antisemitische Hass samt islamistischer Heilsideologie, die vorher beide noch Motivationsmotoren für Raketen auf Wohngebiete, Messerattacken auf wahllos ausgewählte, in der Hauptsache jüdisch aussehende Menschen und Auto-in-Menschenmenge-Ramm-Aktionen waren, wie weggeblasen. Aber die Israelis wollen ja nicht hören und setzen diesen fantastischen Vorschlag nicht um. Darum ist es jetzt an der Zeit, die Idee zu pluralisieren.

Insbesondere vor dem Hintergrund der „israelisierten“ Verhältnisse in Europa und insbesondere in Frankreich, muss die Forderung der Stunde lauten: Her mit der Zwei-Staaten-Lösung für Frankreich!

Die Einstaatenvariante, in der angedacht war, dass die heute rund acht Millionen französischen Muslime in friedlicher Koexistenz mit den französischen Christen, Juden, Hindus, Buddhisten, Atheisten und anderen Vertretern religiöser Gruppen zusammenleben, ist gescheitert. Dem französischen Staatspräsidenten Francois Hollande und dem gesamten Volk muss von der internationalen Gemeinschaft deutlich gemacht werden, dass eine dauerhafte Besatzung überwiegend muslimischer Gebiete weder im Sinne des Völkerrechts, noch mit den Sicherheitsinteressen des Landes vereinbar ist.UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der nie müde wird, die politischen Vertreter Israels zu ernsthaften Gesprächen mit den natürlich allzeit zu echtem Frieden bereiten Palästinenserchefs zu bewegen, lässt bereits Unterstützung für den Muslimstaat auf französischem Boden erkennen: „Wir müssen verhindern, dass die Lage weiter eskaliert. Der einzige Weg, diesen Konflikt zu beenden, sind echte Friedensgespräche.“ Na aber selbstverständlich. Hollande und Mohammed Moussaoui, Vorsitzender des Islamischen Dachverbands in Frankreich, müssen reden und echte politische Führungsqualitäten beweisen. Sie seien hiermit jetzt schon mal provisorisch für den nächsten Friedensnobelpreis vorgeschlagen.

Ein Freund muss Kritik vertragen können. Zwei französische Staaten für zwei Gruppen. Land gegen Frieden. Das ist die Devise. Nie wieder Terror motiviert aus Perspektivlosigkeit in den Banlieus und islamophober Unterdrückung durch die Mehrheitsgesellschaft! Endlich eine politische Führung in einem Frankreich, die sich für die originellen Interessen der Muslime einsetzt! Endlich Autoemanzipation und wenn es sein muss, dann eben auch mit der Scharia! Vorbei die Zeit der Sündenböcke! Endlich Schluss mit dem Erstarken des Front National! No Muslims, no worries. No Christians, no Jews, no one to blame. Und, kleine Notiz am Rande: Die Zwei-Staaten-Lösung wird auch die unablässig anhaltende Aliya der französischen Juden stoppen. Also vorausgesetzt, die christlichen Franzosen bekommen ihr originäres okzidentales Antisemitismusproblem auf die Reihe.

Die übrigen Europäer werden die französische Variante der Zwei-Staaten-Lösung genauso inbrünstig wie das israelische Original unterstützen. Denn: Sogar die Flüchtlingskrise wird mit der Unabhängigkeitserklärung Französisch-Muslimistans mit einem Schlag gelöst sein. Alle, die keinen Bock auf westliche Kultur und das ganze Brimborium drumherum haben, aber doch gerne in Europa in Sicherheit leben wollen, können in den neuen Muslimstaat fliehen. Ihre Aufnahme ist Ehrensache und gelebte muslimische Solidarität. Vielleicht kann mit dem IS sogar eine visafreie Zone und ein Abschiebeabkommen vereinbart werden?

Verteilungsquoten sind jedenfalls vom Tisch. Nicht nur in Osteuropa knallen die Korken. Die Grenzen des Kontinents sind wieder sicher. Ein solches Patentrezept zur Lösung aller französischen und auch eines der zentralen europäischen Probleme schreit nach Umsetzung. Es ist ein geradezu humanistisches Projekt. Und im Gegensatz zu den eigenwilligen und beratungsresistenten Israelis werden die Franzosen doch wohl den guten Rat der Internationalen Gemeinschaft befolgen.

Wer will jetzt noch sagen, die Zwei-Staaten-Lösung im Herzen Europas wäre utopisch? Ihre Umsetzung samt politischem Output ist mindestens genauso realistisch, wie im guten alten Nahen Osten. Hoch die Tassen auf das neue Jahr!

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