In den arabischen Ländern mehren sich die Stimmen für einen rationalen Umgang mit Israel  

September 8, 2017 – 17 Elul 5777
Die Wut der Hamas auf den Sudan

Von Stefan Frank / Mena Watch

Die Hamas tobt, nachdem sich Sudans Investitionsminister Mubarak al Fadil al Mahdi für eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel ausgesprochen hat. In einem Interview mit dem sudanesischen Sender „Sudania 24 TV“ sagte Fadil am 20. August, er sehe nichts, was einer Normalisierung im Wege stehe, und betonte, dass dies im Interesse des Sudans sein könne. „Es gibt kein Problem bei der Normalisierung der Beziehungen zu Israel. Die Palästinenser haben ihre Beziehungen zu Israel normalisiert, selbst die Hamas spricht mit Israel. Die Palästinenser erhalten Steuergelder und Elektrizität von Israel. Die Palästinenser setzen sich mit Israel zusammen und reden mit Israel. Sie haben Streitigkeiten, doch sie setzen sich zusammen.“ Im Übrigen trügen die „Palästinenser“ einen Großteil der Verantwortung für ihr Schicksal, sagte Fadil dem Interviewer. „Sie haben ihr Land [an Israelis] verkauft.“

Auch die arabischen Staaten hätten viele Fehler gemacht, führte er aus – etwa 1947 mit ihrer Ablehnung des Teilungsplans der Vereinten Nationen. „Die arabischen Länder haben die palästinensische Sache für ihre eigenen inneren Zwecke benutzt. Die palästinensische Angelegenheit hat die arabische Welt in Schach gehalten, und die arabischen Regimes schlagen einen Vorteil daraus, indem sie ihre eigenen Völker im Namen des Kampfes für Palästina unterdrücken“, so der Minister. Voll des Lobes zeigte er sich angesichts der israelischen Technologie und auch der Demokratie: „Man kann mit den Israelis übereinstimmen oder nicht, doch immerhin haben sie ein demokratisches Regime. Sie klagen Spitzenpolitiker an und schicken sie ins Gefängnis, und bei ihnen herrscht Transparenz.“ „Viele arabische Staaten“ unterhielten „die eine oder andere Form von Beziehungen zu Israel“, fügte er hinzu. Die „Palästinenser“ hätten ja auch nichts davon, wenn arabische Länder keine Beziehungen zu Israel unterhielten.

Khartums diplomatische Wende – weg vom Iran
Derzeit hat der Sudan keine diplomatischen Kontakte zu Israel. Noch vor wenigen Jahren galt das Land, das seit einem Militärputsch im Jahr 1989 von Präsident Omer al-Bashir regiert wird – gegen den der Internationalen Strafgerichtshof (ICC) 2009 Anklage wegen des Völkermords in Darfur erhoben hat –, als einer der engsten Verbündeten des Irans, der das Land zum Schmuggel von Waffen an die Hamas nutzte. Neben der Hamas unterstützte der Sudan auch die libanesische Terrororganisation Hisbollah. 2009, 2012 und 2014 soll die israelische Luftwaffe Medienberichten zufolge Waffenlager im Sudan bombardiert haben, um zu verhindern, dass die Waffen in den Gazastreifen gelangen. Im September 2014 änderte Bashir den außenpolitischen Kurs seines Landes grundlegend. Er schloss iranische Kulturzentren und wies iranische Diplomaten aus; die Anwesenheit von Schiiten im Sudan könne man nicht erlauben, sagte er. Beobachter werteten den Schritt, der für das Regime in Teheran völlig überraschend kam, als Zeichen einer stärkeren Anbindung an Irans Erzfeind Saudi-Arabien, dessen Partei der Sudan in der Folge auch im jemenitischen Bürgerkrieg ergriff. Auch Truppen hat der Sudan in das Land im Süden der arabischen Halbinsel entsandt, die dort gegen die vom Iran unterstützten Houthi-Rebellen kämpfen. Nach dem Anschlag auf die saudische Botschaft in Teheran im Januar 2016 brach der Sudan die diplomatischen Beziehungen zum Iran ab.

Kleriker: Scharia verbietet nicht Beziehungen zu Israel
Dass mit Fadil ein amtierender Minister des Sudan eine Normalisierung der Beziehungen zu Israel vorschlägt, ist ein Novum. Allerdings hatte sich schon im Februar der Kleriker Jussuf Al-Koda auf einer landesweiten Konferenz, an der mehrere Parteien und das Militär teilnahmen, dafür ausgesprochen; Israel zu boykottieren, bringe niemandem etwas und schade dem Sudan. Später erläuterte er im Staatsfernsehen, dass eine solche Normalisierung durchaus mit dem islamischen Schariarecht vereinbar sei. Auf den Kommentar des Moderators hin, der sagte, Al-Koda könne ja argumentieren, dass dies im sudanesischen Interesse liege, solle aber nicht die Religion benutzen, um dies zu rechtfertigen, entgegnete Al-Koda: „Glauben Sie wirklich, dass Religion nichts mit Interessen zu tun habe? Religion basiert allein auf Interessen.“ Al-Koda wurde in der Folge von radikalen Predigern angefeindet. In einer in einer Moschee in Khartum gehaltenen Freitagspredigt sagte der Imam Mohamed Abul-Karim, die muslimische Feindschaft gegen die „Brüder von Affen und Schweinen“ – eine unter Islamisten gängige Titulierung von Juden – „rührt von ihrem Glauben an Allah her“. Jeder Friedensvertrag mit Israel sei „null und nichtig“, da „der Dschihad eine Pflicht ist“. Abdul-Karim nannte Al-Koda einen „Freimaurer“ und sagte, Juden seien ein „Volk der Täuschung und Korruption“; jüdische Touristen würden „AIDS, Korruption und Drogen“ verbreiten und die „nationale Sicherheit“ gefährden.

Israelboykotteure zunehmend isoliert
Ähnlich aufgebracht reagierte die Terrororganisation Hamas auf die jüngsten Äußerungen des sudanesischen Investitionsministers. Diese seien „rassistisch“ und „gegen das palästinensische Volk, die Hamas und unseren tapferen Widerstand“ gerichtet, heißt es in einer Presseerklärung der Hamas, aus der die Website „Sudan Tribune“ zitiert. (…)

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