Die überfällige und richtige Entscheidung Donald Trumps verärgert arabische und hiesige Israel-Feinde – in Israel dagegen wird sie eher gelassen aufgenommen.  

Mai 4, 2018 – 19 Iyyar 5778
Die US-Botschaft zieht endlich nach Jerusalem

Von Alexandra Margalith

Als Donald Trump im Dezember letzten Jahres erstmals verkündet hatte, dass er das Versprechen, das vor ihm bereits eine ganze Reihe von amerikanischen Präsidenten einschließlich Bill Clinton und Barack Obama gegeben hatten – nämlich die Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen – nun endlich in die Tat umsetzen würde, stand die Welt Kopf. Die „Palästinensische Autonomiebehörde“ rief zu drei „Tagen des Zorns“ auf, der türkische Präsident Erdogan sprach von einer „immensen Gefahr für den Frieden“, Macron legte Netanjahu nahe, den „Palästinensern“ signifikante Zugeständnisse zu machen, weltweit gab es Massendemonstrationen, und auch am Brandenburger Tor brannten israelische Fahnen.

Und dennoch, in etwas mehr als zwei Wochen ist es wohl tatsächlich soweit. Die amerikanische Botschaft soll ihre Pforten in Jerusalem öffnen. Während der gemeinsamen Pressekonferenz mit Angela Merkel anlässlich ihres Staatsbesuches in den USA teilte Trump mit, dass er sogar in Erwägung ziehe, bei der Eröffnung persönlich anwesend zu sein. Dass sein Schwiegersohn, Jared Kushner, und Tochter Ivanka Trump Teil der etwa 250-köpfigen Delegation sein würden, die anlässlich der Eröffnung nach Jerusalem reisen solle, wurde einige Stunden später offiziell bekanntgegeben.

Während obiger Pressekonferenz teilte Trump zudem mit, dass er, entgegen den ursprünglichen Plänen, ein neues Botschaftsgebäude zu errichten, vorerst lieber die Räume des amerikanischen Konsulats umbauen würde. Damit könne er die Kosten für die Verlegung von geschätzt einer Milliarde US-Dollar auf etwa 400.000 US-Dollar reduzieren und das, obschon der amerikanische Botschafter in Israel, David Friedman, ihm zuvor erklärt habe, dass eine Renovierung schon für 150.000 US-Dollar zu bewerkstelligen sei. Trump aber ließ sich nicht lumpen, erhöhte das Budget nach bekannter „it´s gonna be great!“-Manier und konnte im Vergleich zu einem Neubau trotzdem hunderte Millionen Dollar einsparen.

Seit der Bekanntgabe von Trumps Entscheidung haben auch Guatemala und Honduras sich dazu entschlossen, ihre Botschaften in naher Zukunft ebenfalls nach Jerusalem zu verlegen. Weitere europäische Staaten, wie etwa Tschechien, haben ihre Erwägungen noch nicht abgeschlossen. Aus Rumänien wird berichtet, dass die Regierung letzte Woche wohl ein geheimes Memorandum bezüglich der Verlegung verabschiedet habe, ohne sich aber mit der Präsidentschaft beraten zu haben. Deswegen fordert der rumänische Präsident Klaus Johannis nun den Rücktritt der Ministerpräsidentin Dancila, welche in seinen Augen „dem Amt nicht gewachsen“ sei.

Und was passiert in Israel?
Denkt man etwa an die heftige Kritik und die wütenden Reaktionen in den israelischen Medien und auf der Straße anlässlich der diversen Resolutionen zum Beispiel zur UNESCO zurück, könnte man meinen, der Umzug der Botschaft nach Jerusalem würde euphorisch erwartet.

Nun ja. Die Euphorie hält sich in Grenzen.

Die Gründe dafür sind so vielschichtig wie die israelische Gesellschaft selbst. Die Problematik ist komplex, die Ansichten dazu sind es auch. Sie umfassend und im Detail wiederzugeben wäre wahrscheinlich ein schönes Thema für eine Dissertation, würde allerdings den Rahmen hier sprengen. Also beschränke ich mich hier auf das Offensichtliche.

Die Sicht der Orthodoxen
So sehen zum Beispiel die ultrareligiösen Juden in Israel Jerusalem als Zentrum ihres jüdischen Daseins. Ihr kollektiver Wunsch nach Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem als Zentrum jüdischen Lebens ist so alt wie ihr kollektiver Schmerz in Folge der Zerstörung des 2. Tempels im Jahre 70 unserer Zeitrechnung. Gebetet wird gen Jerusalem und für Jerusalem. Jerusalem als heiligste aller heiligen Stätten ist, losgelöst vom Staat Israel, der Kern ihrer jüdischen Identität. Für diese kleine Gruppe der Bevölkerung ist Jerusalem als Hauptstadt Israels gegenwärtig eigentlich nur eine akzeptable Übergangslösung. Denn ihre wahre spirituelle Bindung an die Stadt ist durch das Gebet und die Hoffnung geprägt, dass das ewige Dreieck der Verbindung Volk-Land-Gott nur mit Erscheinen des Messias wiederhergestellt werden kann, was die Grundbedingung für die Neuerrichtung des Tempels ist. Für sie sind weder Trump noch die israelische Regierung der besagte Messias.

Die Sicht der israelischen Araber
Während die arabische Welt außerhalb Israels und einschließlich der „Palästinensischen Autonomiebehörde“ und der Hamas tobt, sehen die Araber in Israel die Entscheidung Trumps ebenfalls aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2016 fühlen sich zum Beispiel über 60 % der in Israel lebenden Araber sehr wohl, 55 % bezeichnen sich sogar als „stolze israelische Staatsbürger“. Diese Menschen leben nach den Gesetzen des Staates Israel und erkennen Jerusalem als Hauptstadt ihres Staates an. Sie hätten auch nicht vor, in einen Staat Palästina zu ziehen, sollte ein solcher eines Tages entstehen. Die mit der Ankündigung der Verlegung der Botschaft in Israel selbst befürchteten Ausschreitungen hielten sich wohl auch deshalb in sehr viel engeren Grenzen als die in anderen Teilen der arabischen Welt.

Die Sicht der israelischen Juden
Und was sagt der israelische Mainstream? Eigentlich nicht viel. Der Mainstream weiß nämlich, was man im Rest der Welt offenbar noch nie verstanden oder bereits vergessen hat: Jeder souveräne Staat hat das Recht, seine Hauptstadt selbst zu bestimmen, auch Israel. Und Jerusalem ist Hauptstadt Israels.

Ob die Botschaft eines oder mehrerer Staaten nun dort steht oder nicht, ändert an dieser Tatsache herzlich wenig. Wer tatsächlich an der untrennbaren und immerwährenden jüdischen Bindung zu Jerusalem und der damit einhergehenden Bindung auch des jüdischen Staates zu Jerusalem zweifelt, der hat sich nicht einmal annährend mit der Stadt Jerusalem befasst, weder in historischer noch in religiöser Hinsicht. Und maßt sich zudem an, politische Aussagen zu tätigen, über deren negative, und lediglich weiteren Hass schürende Auswirkungen vor Ort er genauso wenig Kenntnis hat wie über Jerusalem selbst. (…)

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