Der Schweizer Soziologe ist ein dogmatischer Israel-Hasser und Diktatoren-Freund  

Oktober 5, 2015 – 22 Tishri 5776
Die Abgründe des Jean Ziegler

Von Jerome Lombard

Den rechten Bügel seiner schwarzen Hornbrille hält er leicht an die Unterlippe. Die Augen sind etwas gesenkt und doch scheint sein Blick hellwach. Das Hemd ist akkurat gebügelt, aber doch leger getragen. Jean Ziegler versteht es, sich in der Öffentlichkeit in Szene zu setzen. Wenn der 81-jährige Schweizer in diesem Jahr vor die Presse tritt, redet er am liebsten über sein in diesem März erschienenes Buch. Es ist mit dem so prägnant wie simplen Aufruf „Ändere die Welt!“ betitelt und reiht sich damit in eine ganze Serie polit-ethischer Wälzer des Schweizer Soziologen ein. Und wenn Ziegler über sein jüngstes Buch spricht, redet er sich auch gerne Mal in Rage.

Der gegenübersitzende TV-oder Radioreporter fragt, versucht zu unterbrechen, das Gespräch in eine andere Richtung zu leiten. Ziegler lässt sich nicht beirren oder von seinem Redeschwall abbringen. Er hört sich selbst gerne reden. Er weiß, wo der Menschheit aktuell der Schuh drückt. Showtime. Er, Jean Ziegler, spricht über sein absolutes Lieblingsthema: Die Schlechtigkeiten des „Raubtierkapitalismus“ im 21. Jahrhundert und die Notwendigkeit, diese herrschende „kannibalische Weltordnung“, in der Banken und Konzerne Massenmörder sind und Politiker formell demokratischer Staaten nur die ausführenden Organe der internationalen Finanzoligarchie verkörpern, nur möglichst bald und möglichst schnell zu Fall zu bringen.

Der in aller Welt bekannte und vielgelesene Universitätsprofessor gilt gemeinhin als das Paradebeispiel eines sogenannten Globalisierungskritikers. Er persönlich bezeichnet sich selber lieber als Kommunisten. Im ganz ursprünglichen Sinne von Karl Marx (dessen teilweise menschenverachtenden Ansichten ihm offenbar unbekannt sind) natürlich, wie Ziegler betont. „Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen.“ Das sei die wahre Losung des Fortschritts. Und fortschrittlich, ergo progressiv, ergo unangepasst, ergo non-bourgeois, ergo links, dass wollte Ziegler seit seinem Studentenalter immer sein. Ob als Politiker der Schweizer Sozialisten, oder als Menschenrechtler bei den Vereinten Nationen, stets hat er die moralische Verderbtheit des westlichen Lebenswandels angeprangert, der die Dritte Welt damals wie heute in (neo)koloniale Abhängigkeiten, Elend und Massenarmut stürze. „Jedes Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet“, so ein vielzitierter Satz Zieglers. Es sei genug für alle da, nur seien es eben die internationalen Konzerne, die „Weltdiktatur der unglaublich mächtigen Finanzoligarchien“, die eine gerechte Verteilung hintertreibe. Der Westen mit seinem Kapitalismus ist an allem Elend der Welt Schuld. Stürzt die westlich dominierte Weltordnung! – es wird ein sozialistisches Paradies auf Erden geben. So lässt sich Zieglers Kernargument so prägnant wie zynisch zusammen fassen.

Der in vielen Feuilletons hochgelobte und vergötterte Ziegler ist ein linker Ideologe alter Schule. Für diejenigen Leser, die nicht mit den linken Dogmen seit den 1960er Jahre vertraut sind, hier eine kleine Auffrischung: Hier der skrupellose und blutsaugende Westen mit seiner satansgleichen Speerspitze Amerika, dort die aufrechten anti-imperialistischen Freiheitsbewegungen und revolutionären Regierungen im Süden des Globus. Fehlt noch was? Ach ja, neben dem großen Satan USA existiert natürlich noch der kleine Satan namens Israel. Ziegler hat den jüdischen Staat wiederholt als „Verbrecherstaat“, der die Palästinenser absichtlich verhungern lasse und als „die schlimmste Besatzung in der Geschichte des Kolonialismus“ bezeichnet. Wenn die christlichen weißen Männer schon Kolonialisten und Ausbeuter sind, müssen die Juden natürlich wenigstens die schlimmsten von allen sein. Jean Ziegler gibt sich nur allzu gern das Image des bedacht analysierenden und theoretisierenden Intellektuellen. Das fällt ihm jetzt im fortgeschrittenen Alter auch zunehmend leicht. Früher, auf dem Höhepunkt seiner körperlichen Physis, hat er sich für seine Überzeugungen auch gerne ganz praktisch stark gemacht: Er war Chauffeur vom argentinischen Revoluzzer Ché Guevara, bewunderte Fidel Castro und seine kubanischen Sozialismus, kämpfte mit der Eritreischen Befreiungsfront, lobte die libanesische Hisbollah als Befreiungsbewegung und war Zeit dessen Lebens ein großer Freund des lybischen Militärs, Sadisten, Antisemiten und Diktators Gaddafi, um nur einen kleinen Ausschnitt seiner Tätigkeiten und politischen Vorbilder zu nennen. (...)

Der Schweizer Soziologe ist ein dogmatischer Israel-Hasser und Diktatoren-Freund

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