Die Strukturen des Terrorismus (vierter Teil unserer Serie)  

September 5, 2015 – 21 Elul 5775
Der Terrorismus und die Spaßgesellschaft

Von Michael Guttmann

Drei Kreise bilden die Grundstruktur von Terrororganisationen, gleich ob Einzelorganisationen, globale Netzwerke oder staatliche Terrorformationen.

Im inneren, dem konspirativen Kreis, befinden sich die Märtyrer, sprich die Mörder und Selbstmordattentäter und ihre Kommandeure. Sie trainieren das Morden, Verstecken und Tarnen ihrer Waffen und Sprengstoffe sowie die Suche nach „weichen“ Zielen. Der innere Kreis muss ständig reproduziert werden, die Verluste sind hoch kalkuliert.

Den mittleren Kreis bilden die Planer und Beschaffer. Diese organisieren den Nachschub von Menschen und Material. Sie sind das Öl im Terrorgetriebe und dessen unmittelbare Nutznießer.
Der Außenkreis hält die Verbindung zu den Volksmassen. Er besteht aus Predigern und Führern der religiösen Einrichtungen, sozialen Wohltätigkeits- und Erziehungsverbänden. Sein Tätigkeitsfeld sind Moscheen, Koranschulen aber auch die Vertreibung von Propagandamaterial und das Sammeln von Spenden. Wie ein Wächter sichert der äußere die inneren Kreise ab, feiert den Tod der Märtyrer, mobilisiert die Volksmassen in Richtung Zentrum und verhindert, dass ihr Blick in die nicht-muslimische Welt gelangt.
Hamas und Hisbollah sind außerstaatliche Organisationen, die sich geschickt als Karitasverbände tarnen, als gehörten die konspirativen Kreise – auch militärischer Arm genannt – gar nicht dazu. Die Revolutionswächter der Ajatollah-Republik Iran sind ein Beispiel für den äußeren Kreis, der die Einhaltung der religiösen Vorschriften im staatlichen Auftrage sichert.

Die Waffen des Terrorismus

Was unterscheidet den Terrorismus vom Guerilla? Beide wirken überraschend aus dem Hinterhalt. Sie finden ihre Basis in der verarmten Bevölkerung, unter den Diskriminierten der Gesellschaft, wie auch unter den Reichen, die vom Intellekt her den Ideologien folgen. Die Motive der Guerillakämpfer sind durchaus ehrenhaft, auch wenn ihre Methoden nicht immer gerecht sind. Welche nationale Befreiungsbewegung ist nicht auch irgendwann im Verlaufe ihres Widerstands zum bewaffneten Kampf übergegangen? Der Widerstand macht den Unterschied aus, denn er ist legitim. Der Terror besitzt diese Legitimation nicht. Er ist weder aus auf religiöse Erlösung, soziale Verbesserungen, nationale Befreiung u.a. Ziele des Widerstands, sondern auf Expansion. Folglich sind seine Methoden auch nicht legitim, denn um seine Basis zu erhalten, muss er ständig für eine Situation des Elends und der Unterdrückung selber sorgen.

Nationale Befreiungsbewegungen sind bemüht eine möglichst breite Plattform zu formulieren, um viele Anhänger unterschiedlicher politischer Strömungen, Atheisten und Klerikale, nationale Minderheiten usw. zu mobilisieren. Der islamische Terrorismus kennt nur eine Plattform und die ist äußerst schmal auf eine religiös verbrämte Ideologie beschränkt. Vielfältig hingegen sind seine Methoden des Kampfes.

Die klassische Form des Terrorismus war die Geiselnahme. Der arabisch-islamische Terror entwickelte den Selbstmordattentäter als gefürchtete Waffe. Er versucht damit immer neue Opferrekorde zu erzielen, jedoch die Wirkung besteht nicht nur in der hohen Zahl der Opfer.

Naturkatastrophen übersteigen die Attentate von New York, Boston, London oder Madrid bei weitem. Sie können aber präziser vorausgesagt werden. Weitaus schlimmer als die primären Schäden sind die sekundären Folgen. In erster Linie Angst und die einzige Gewissheit: der nächste Selbstmordattentäter kommt zum Flughafen, an die Bahnstation, an die Bushaltestelle, in das Einkaufszentrum. Man kann die Gefahr durch drastische Maßnahmen reduzieren, vorausgesetzt, die Politiker werden sich darüber einig. Verhindern kann man sie nicht.

Wer oder was steht hinter dem Selbstmordattentäter? Geld, Hass, Hetze, Kaltblütigkeit. Keine Ideale, kein Nationalstolz, nicht einmal religiöser Eifer. Wann hat man je erlebt, dass ein moslemischer Prediger sich selbst in die Luft gejagt hat? Nicht einmal seinen Nachkommen werden Opfer abverlangt. Wer auch immer Einfluss in dieser Gesellschaft hat, braucht seine Haut nicht riskieren. Die Aufgabe ist delegierbar. (…)

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