Bernie Sanders ist der einzige jüdische Kandidat im Rennen um die US-Präsidentschaft – ein Porträt  

März 4, 2016 – 24 Adar I 5776
Der rote Bernie

Von Jerome Lombard

Die rechte Faust streckt er kämpferisch in die Höhe, die Krawatte ist akkurat gebunden, sein Gesichtsausdruck entschlossen und zuversichtlich: Bernard „Bernie“ Sanders kommt an diesem Abend in Des Moines, der Hauptstadt Iowas, gar nicht mehr aus dem Lächeln raus. Und auch zum Reden will die applaudierende Menge ihn gar nicht so recht kommen lassen. „Bernie, Bernie, Bernie“ flammen die Sprechchöre im Rhythmus immer wieder von Neuem auf.

Sanders Zuversicht und die Freude seiner Anhänger sind berechtigt. Bei den ersten parteiinternen Vorwahlen zur Bestimmung des Spitzenkandidaten für die Präsidentschaftswahlen im Herbst lag der 74-jährige Sanders im Lager der Demokraten mit 49,6 Prozent nur hauchdünn hinter Hillary Clinton, die 49,8 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen konnte. Die ehemalige Außenministerin galt lange als eindeutige Favoritin für die Nominierung in der Demokratischen Partei. Demoskopen sagten ihr einen komfortablen Vorsprung vor dem Senator aus dem kleinen Vermont und Underdog Sanders voraus. Pustekuchen. Iowa hat gezeigt, dass dem nicht so ist.

Die zweite Runde der Vorwahlen im Ostküstenstaat New Hampshire hat Clinton dann erst recht das Fürchten gelehrt. Sanders fuhr hier mit 20 Prozentpunkten Abstand einen haushohen Sieg über seine Kontrahentin ein. Damit ist er der erste jüdisch-amerikanische Politiker überhaupt in der Geschichte der USA, der bei den sogenannten Primaries als Sieger mit den meisten Stimmen vom Platz geht.

Und auch wenn Clinton neuesten Umfragen zufolge bundesweit weiterhin die Nase vorn hat, liegt Sanders unerwartet gut im Rennen. Sanders, der bislang einzige jüdische Präsidentschaftsanwärter (New Yorks Ex-Bürgermeister Michael Bloomberg könnte seinen Hut bei den Republikanern noch in den Ring werfen) erfreut sich großer Beliebtheit. Trotzdem, oder vielleicht gerade weil er gar kein offizielles Parteimitlied bei den Demokraten ist, und als Unabhängiger antritt. Im Gegensatz zu Clinton gilt er vielen als unbestechlich, rechtschaffen und integer.

„Bernie“, das ist einer aus dem Volk. Sein Unterstützerkreis reicht weit über das das traditionelle linksliberale Milieu hinaus. Studenten und Akademiker finden sich genauso wie Mittelständler und Arbeiter unter seinen Anhängern. Der durchschnittliche Bernie-Fan ist aber jung, weiß und gebildet. Sanders punktet mit seinem Image als selbsterklärter Sozialist – ja, im Amerika des Jahres 2016 kann sogar ein „Roter“ ein ernsthafter Wannabe-Präsident sein – samt seiner dazugehörigen linken Rhetorik. So erklärte Sanders seine Achtungserfolge in Iowa und New Hampshire auch prompt zu einem Sieg über alle anderen, angeblich vom Großkapital finanzierten Kandidaten und als einen Sieg der sozialen Gerechtigkeit. Wenn er Präsident ist, will er die Macht der Finanzspekulanten von der „Wall Street“ radikal begrenzen, einen bundesweiten Mindestlohn einführen und damit in die hochheilige föderale Autonomie der Bundestaaten eingreifen, sowie die Studiengebühren an staatlichen Hochschulen streichen. Für amerikanische Verhältnisse also Sozialismus pur. (…)

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