Der Mythos von der Vergiftung des PLO-Führers  

Oktober 5, 2015 – 22 Tishri 5776
Arafats acht Jahre alte Unterhose

Von Stefan Frank

Jassir Arafat war einer der abscheulichsten politischen Führer des 20. Jahrhunderts. Er war der Vater des modernen Terrorismus, bis zum Ende seines Lebens ließ er unzählige Zivilisten ermorden. Genau wie Idi Amin starb Arafat im Alter von 75 Jahren friedlich in einem Krankenhaus, ohne je für seine Taten zur Verantwortung gezogen worden zu sein. Dass Arafats Tod heute noch von manchen wie eine Katastrophe behandelt wird, die „aufgeklärt“ werden müsse, während die von ihm Ermordeten zumindest in Europa weithin vergessen sind, zeigt die Perversion der politischen Moral auf diesem Kontinent.

Dieser Tage wurde die Geschichte um Arafats angeblich „rätselhaften“ Tod noch einmal aufgekocht. Die französische Justiz hat das diesbezügliche Verfahren eingestellt, weil es für die Gerüchte über einen Giftmord mit der radioaktiven Substanz Polonium, die 2012 – acht Jahre nach Arafats Tod – von interessierten Kreisen verbreitet wurden, keine Belege gibt.

Arafat war gegen Ende seines Lebens alles andere als populär, aber kaum war er tot, wollten viele arabische Palästinenser aus ihm einen Märtyrer machen, der von Israel vergiftet wurde. Jetzt also ist die heiße Luft aus dieser Story endgültig entwichen – oder sollte es sein. Doch wann hätte sich je ein Gerücht über Juden in Luft aufgelöst, nachdem es mit den Mitteln der Vernunft widerlegt wurde? Noch nie. Und so streuen die europäischen Medien weiter Zweifel: „Viele Palästinenser verdächtigen Israel, Arafat vergiftet zu haben. Israel weist das vehement zurück.“ Der Satz stammt aus einer aktuellen Meldung der „Frankfurter Rundschau“, taucht aber so oder so ähnlich seit Jahren in vielen derartigen Berichten auf. Ist das objektiver Journalismus? Eine irrwitzige Behauptung, die von Anfang an nichts anderes war, als eine von Judenhassern lancierte Verleumdung, wird als eine von mehreren möglichen Tatsachenbeschreibungen dargestellt: Die Palästinenser sagen dies, die Israelis jenes, der Leser möge selbst entscheiden, wem er mehr traut.

Im selben Duktus könnte eine Zeitung z.B. auch schreiben: „Viele glauben, dass US-Präsident Barack Obama den Popstar Michael Jackson ermorden ließ. Obama weist das vehement zurück.“ Eine Schmutzkampagne unter dem Deckmantel der Neutralität. Besonders perfide war eine Schlagzeile, die die rot-grüne Berliner Tageszeitung „taz“ 2012 ersann: „Todesursache Jassir Arafats: Israel will es nicht gewesen sein.“

Die „Frankfurter Rundschau“ schließt ihren Beitrag mit den Worten: „Nach der Entscheidung vom Mittwoch kündigte die palästinensische Autonomiebehörde weitere eigene Ermittlungen an. Diese sollten fortgesetzt werden, ‚bis wir wissen, wie Arafat getötet wurde’, sagte der für die Ermittlungen verantwortliche palästinensische Beamte TaufikTirawi der Nachrichtenagentur AFP.“ Das Signal an den Leser: Bleiben Sie dran, dieser Fall bleibt allen Tatsachen zum Trotz solange „ungeklärt“, wie es den Israelhassern beliebt.

Die Poloniumanie
Es sei noch einmal daran erinnert, dass Suha Arafat, die schwerreiche Witwe, eine Obduktion des Leichnams untersagt hatte, dann aber 2012 eine Exhumierung veranlasste. Der Anlass war ein Urinfleck in Arafats Unterhose (offenbar eine Art Reliquie, die Suha acht Jahre lang ungewaschen verwahrt hatte), der angeblich eine erhöhte Konzentration der giftigen radioaktiven Substanz Polonium aufwies. Arafats schmutzige Unterhose wurde nun in den Augen seiner Verehrer zu einer Geheimwaffe. Suha Arafat beauftragte drei Wissenschaftlerteams aus Russland, der Schweiz und Frankreich die Frage zu klären, ob der verblichene Chefterrorist vergiftet wurde. Schnell einigten sich die internationalen Gerüchtekocher auf Polonium. Vielleicht, weil es besonders prestigeträchtig ist, damit ermordet zu werden; jedenfalls erhielten die Experten den Auftrag, in diese Richtung zu ermitteln. Es war eine der absurdesten Aufgabe, die je ein Wissenschaftler übernommen hat. (...)

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