Stete Rakete höhlt den Stein – ein Bericht von den Nachbarn des Gaza-Streifens  

September 5, 2015 – 21 Elul 5775
Wer bist Du, Generation Kassam?

Von Ulrich Becker

Dieses kleine Knacken, wenn ein Lautsprecher angeht – noch bevor jemand spricht. Dieses kleine Knacken reicht schon aus. Man braucht gar nicht auf die monotone Tonbandstimme des „Zewa Adom! Zewa Adom!“ warten.
Das Knacken und er schrickt hoch. Das Knacken, und ihr Herz rast. Gänsehaut. Schweiß. Die Augen suchen. Das Hirn springt zickzack. Was ist am nächsten? Wie viele Sekunden habe ich?
Das Knacken und: „Welcome to the...” Ach so. Aufatmen, kurzes Schütteln und ein Lächeln. Alles okay, sagt der Verstand. Sie sind doch im Urlaub! In Ungarn oder in Thailand! Die Sonne scheint. Leute lachen und die Raketen der Hamas sind weit weg. Die reflexartige Angst ist aber bei ihnen, hier, ganz dicht, wohin sie auch gehen, „für den Rest meines Lebens“, wie mir Ori, ein 12- jähriges Mädchen im Kibbuz Mifalssim an der Gaza-Grenze, erzählt. Drei Raketen schlugen hier im letzten Gazakrieg ein...

Alltag im Süden: Vermummte Terroristen aus dem Gazastreifen schießen zwei Raketen nach Israel, der israelische Radar registriert sie sofort und der automatische Alarm wird ausgelöst. Die Raketen fallen in ein offenes Feld. Nichts ist passiert. Die Nachrichten im Autoradio berichten lakonisch:

„Niemand wurde verletzt, kein Sachschaden wurde verursacht“.

Hunderte Male hat jeder Israeli diesen Satz in den Nachrichten gehört. Und damit ist es getan. Das Ereignis wird natürlich nicht in den internationalen Medien gebracht, löst keine Diskussionen, öffentliche Stellungnahmen, und Proteste oder Ähnliches aus, denn es ist doch nichts passiert. Tausende Male ist dieses Nichts in den letzten zehn Jahren passiert.

Das Problem ist nur, dass dieses Nichts ganz und gar kein Nichts ist, sondern im Gegenteil, Terror par excellence mit weitreichenden Folgen: Jeder Raketenbeschuss löst in israelischen Orten, die in der Beschussrichtung liegen, Alarm aus. Jeder Alarm wird von Tausenden und Zehntausenden erlebt und ein Drittel von ihnen sind Kinder. (…)

Sie mögen Recht haben. Allein im letzten Gazakrieg gingen in ganz Israel etwa 4.800 mal die Sirenen an, berichtet mir die israelische Armee. Sechs Millionen Israelis leben in Schussreichweite der Raketen aus Gaza und nach meinen Rechnungen auf Basis von weiteren IDF-Angaben erlebten etwa 300.000 Kinder eine Situation mit einem Alarm pro Tag oder mehr – 50 Tage lang.
Was geschieht mit diesen Kindern durch zig-mal widerholten traumatischen, lebensbedrohlichen Stress in kürzester Zeit? (…)

Und sie berichtet auch von Erwachsenen in Sderot, die die Angst überwältigt hat:
„Es gibt Erwachsene – aber es sind immer noch die Ausnahmen –, die ohne Schlaftabletten nicht schlafen können, die Heulattacken haben, die ihre Autorität als Eltern verlieren, die – auch heute, ein Jahr nach dem letzten Gazakrieg – nur im Schutzraum schlafen und nur mit Badesachen duschen, damit der Alarm sie nicht unvorbereitet unter der Dusche erwischt." (…)

Komplett zu lesen in der Druck- oder Onlineausgabe der Zeitung. Sie können die Zeitung „Jüdische Rundschau“ hier für 39 Euro im Papierform abonnieren oder hier ein Onlinezugang zu den 12 Ausgaben für 33 Euro kaufen.


Sie können auch diesen Artikel komplett lesen, wenn Sie die aktuelle Ausgabe der "Jüdischen Rundschau" hier online mit der Lieferung direkt an Sie per Post bestellen oder jetzt online für 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk kaufen.

Brief an die Redaktion schreiben

Soziale Netzwerke