August 7, 2014 – 11 Av 5774
Wo Ladino noch zu Hause ist

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Ein Streifzug durch das jüdische Istanbul und seine verbliebenen Spuren 

Die Straßen sind klein und eng. Die Häu- ser ducken sich vor der Sonne, Handwerker und Teetrinker hocken vor ihren Türen. Keine Gegend für Touristen. Hierher sind vor mehr als 500 Jahren die Juden aus Spanien geflohen, aus Venedig, Italien, Griechenland und zum Schluss aus Deutschland. Die ersten vor der Inquisition der katholischen Kirche, die letzten vor dem Rassenwahn der deutschen NS-Regierung. Hier, das sind die jüdischen Viertel in Istanbul, hier ist Balat und Galata. Zum Beispiel.

Jetzt will Recep Tayyip Erdogan, der türkische Premier, auch dieses Viertel platt walzen, Platz schaffen für neue schicke und teure Wohnungen. Viele Häuser mit den typischen Balkonen und Erkern, die die Sephardim hier gebaut haben, stehen schon leer, verfallen. Das jüdische Leben in dieser Millio- nen-Metropole war dereinst reich und tonangebend. Heute gibt es 22 Synagogen in Istanbul, davon 19 sephardische. Mehr als 250.000 Sephardim flohen vor der Inquisition aus Spanien und Portugal ins osmanische Reich. «Wie töricht sind die spanischen Könige, dass sie ihre besten Bürger ausweisen und ihren ärgsten Feinden überlassen», sagte Sultan Bayezid II.

Karen Gerson Sarhan

Die Journalistin und Sängerin Karen Gerson Sarhan will die judeo-spanische Sprache Ladino als Kulturgut bewahren und gibt die Ladino-Zeitung «El Amaneser» heraus, an der auch deutsche Autoren, darunter der Hamburger Historiker Michael Studemund-Halévy, beteiligt sind.

Den Sephardim folgten die Ashkenasim, besonders, nachdem Süleyman der Prächtige den «Deutschen Erlass» herausgab, mit dem er die Ashkenasim zur Einwanderung in sein Reich ermunterte. Sie kamen aus Polen und Rumänien, aus Moldawien, der Ukraine und Ungarn, aus Russland, in der ab 1880 die Pogrome Todesangst verbreiteten.
Nach dem Terror-Anschlag 2010 auf die Synagoge Newe Schalom in Galata sind die einst prachtvollen Synagogen-Portale mit Betonmauern gesichert. Fotografieren ist ohnehin verboten, hier, wie auch in der Synagoge Ahrida im Balat-Viertel. Die ashkenasische Synagoge in Ga- lata ist großzügiger und zeigt gern die Schönheit des reich geschmückten Baus. Zugemauert ist aber auch ihr Eingang, und wer sie besuchen will, muss sich per E-Mail oder Brief anmelden, am besten vor Antritt der Reise und mit ein gescannten Pass oder Personalausweis. Es ist die deutsche Synagoge, hier wird jiddisch gesprochen.

Von Heike LINDE-LEMBKE

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