Durchbruch im als „Friedensprozess“ verbrämten Stillstand  

Von Roger Letsch

Die Ankündigung Trumps, er wolle die amerikanische Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem verlegen, ist seit vielen Jahren der erste tatsächliche Schritt, den irgendwer auf dieser Welt im Nahostkonflikt unternimmt. Auf der ganzen Welt wird nun gejammert, dies würde den Friedensprozess beenden (als stünde dieser kurz vor dem Durchbruch) und man zittert vor der Ankündigung, es würden nun „Tage des Zorns“ folgen (als gäbe es andere Tage für Fatah und Hamas). Von welchem Friedensprozess wird denn da gefaselt und wie bitte soll man einem Jahr, das bereits 365 zornige Tage hat, noch weitere hinzufügen? Geht es wirklich um die Verlegung der US-Botschaft? Warum demonstrieren Hamas und Fatah dann nicht vor US-Einrichtungen und rufen stattdessen zum Generalstreik gegen Israel auf? Und wen interessiert eigentlich, was eine Terror-Organisation wie die Hamas für richtig oder falsch hält?

War die Tatsache, dass Israels Parlament, das Oberste Gericht, der Präsident und der Ministerpräsident ihren Amtssitz in Jerusalem haben, in den letzten Jahren auch nur der Erwähnung wert, geschweige denn wütender Proteste? Nein! Stattdessen hat man auf allen Seiten fleißig Realitätsverweigerung betrieben. Die arabische Welt, die in Israel als Ganzes nicht mehr als ein unrechtmäßiges Provisorium sieht, welches sie demnächst beseitigen werde, ist Meister der Selbsttäuschung: Es gab immer schon jüdische Einwohner in der Levante, ja, das gäbe man schon zu. 

Aber diese würden niemals einen eigenen Staat gründen. Dann gründeten sie doch einen eigenen Staat, aber der würde sicher nicht lange überleben. Dann überstand Israel jedoch jeden Krieg, mit dem ihn die arabischen Nachbarn überzog, aber nie-nie-nie würde man den Juden Jerusalem überlassen, um es zur Hauptstadt Israels zu machen. Israel machte Jerusalem 1980 zu seiner Hauptstadt, aber die internationale Gemeinschaft würde dies sicher nie anerkennen. Doch dann kam Trump und riss auch diesen Schleier der Illusion von der Realität. Dabei setzte er nur einen Kongressbeschluss um, der schon mehr als 20 Jahre alt ist – solche Dinge tun US-Präsidenten nun mal, auch dafür werden sie gewählt. Wie nahe an den Flächenbrand diese Ankündigung übrigens den deutsche Blätterwald brachte, zeigt eine Formulierung in der „Süddeutschen Zeitung“: 

„Und nun kommt ein gewisser Donald Trump und will eine Botschaft eröffnen.” 

Haben wir etwa umsonst Schutzgeld gezahlt?
Jetzt ist die Angst wieder da vor der „muslimischen Welt“ und ihren irrationalen Handlungen und sicher werden einige übervorsichtige westliche Staaten bald ganzseitige entschuldigende Anzeigen in arabischen Zeitungen schalten, wie es nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen 2005 der Fall war. Die Angst, eine stillschweigende Vereinbarung könne platzen, auf die die Weltgemeinschaft viele Jahre fest vertraut hat, ist mit Händen zu greifen. Wir geben den „palästinensischen“ Gruppen großzügig Geld, dafür beschränken diese ihren Terrorismus auf Israel, das war der Deal.

Es ist in Wirklichkeit noch gar nicht so lange her, dass Flugzeuge entführt wurden und die Avantgarde der deutschen Linken sich mit den Zielen der Araber gemein machte. Terror im eigenen Land inklusive. Reihum beeilten sich die westlichen Staaten deshalb zu versichern, dass sie brav weiter Schutzgeld zahlen werden und dass der von Trump weggerissene Schleier für sie noch immer vor der Wahrheit hänge. Appeasement wie es schleimt und klebt. Kuriose Vorkommnisse inklusive. So fragte der NDR heute in seinem morgendlichen Speed-Quiz, „in welche israelische Stadt will Trump seine Botschaft verlegen“? Richtige Antwort: Jerusalem. Wohlgemerkt: israelische Stadt, nicht „Stadt, deren endgültiger Status noch ausgependelt werden muss“. Es scheint doch so zu sein, dass die Realität sich nicht so ohne weiteres mit diplomatischen Mitteln und „Sprachregelungen“ aus der Welt schaffen lässt. Denn wenn „israelische Stadt“, dann steht „Hauptstadt“ wohl nichts im Wege. Jeder weiß, dass Jerusalem die Hauptstadt Israels ist, sogar der NDR und Wikipedia. Und ausgerechnet Frau Merkel, die in unverbindlichen Sonntagsreden gern vom „Schutz Israels als Staatsraison“ spricht, hat da so ihre Probleme. Ich an Ihrer Stelle hätte das Thema wie folgt behandelt. „Liebe Landsleute, der amerikanische Präsident wird seine Botschaft nach Jerusalem verlegen. Deutschland anerkennt die Tatsache, dass Israel Jerusalem als seine unteilbare Hauptstadt erklärt hat. Wenn unsere Botschaft dennoch in Tel Aviv verbleibt, dann nur deshalb, weil wir unsere Diplomaten einfach nicht vom Strand wegbekommen können. Zu Empfängen und anderen Anlässen fahren wir gern eine Stunde bis in die Hauptstadt.“

Das Märchen von „Ost-Jerusalem“
Mit Teilungen kennt sich der Deutsche aus, denkt er. Hat er selbige doch in Land und Stadt (Berlin) erlebt und seine Märchen sind voll von halben Königreichen, die Prinzen als Lohn für tapfere Prinzessinnenrettungen und Drachentötungen erhalten. „Lasst den armen Palästinensern doch dieses Stückchen Ost-Jerusalem“, sagen sie gern und organisieren „Palästina-Solidaritätskomitees“. Doch was genau ist dieses „Ost-Jerusalem“ und seit wann wird dieser Teil der Stadt so genannt? Im Ergebnis des Krieges, mit dem Ägypten, Syrien und Jordanien Israel anlässlich seiner Gründung überzogen, besetzte die jordanische Armee 1948 nicht nur das Westjordanland, sondern auch große Teile von Jerusalem. In der Idee, aus Jerusalem eine „neutrale Stadt mit internationaler Garantie“ zu machen, kam diese Besatzung und Aufteilung ebensowenig vor, wie die israelische später! Der Teil der Stadt, auf den die „Palästinenser“ nun Anspruch erheben, trüge auch zutreffender den Namen Nord-Ost-Süd-Jerusalem, weil sich das restliche „West-Jerusalem“ nur wie eine Zunge in die Stadt schiebt. Die gesamte Altstadt und mit ihr auch die Klagemauer und weitere heilige Stätten der Juden (und Christen) liegen nicht im „Westteil“. 

Warum um alles in der Welt glaubt irgendwer, die Araber hätten auf diese Stätten irgendeinen Anspruch? Und auf welcher rechtlichen Basis? Auf einer Besatzung aus dem Jahr 1948, die irgendwie besser oder rechtmäßiger sei, als eine aus dem Jahr 1967? Und bevor sie jetzt einwenden, die internationale Staatengemeinschaft würde den Juden doch sicher Garantie für den Zugang zur Klagemauer geben, überlegen sie gut: es ist nämlich erst ein paar Monate her, dass die UNESCO in einem Beschluss verkündete, der Tempelberg sei alleiniges (!) Kulturerbe der Muslime. Den Grund, warum Tag für Tag Juden an der Westmauer stehen, um zu beten, hatte man schlicht „übersehen“, ignoriert und geleugnet! Doch das war zu erwarten! Denn wenn die Juden eines aus der Geschichte gelernt haben, dann dass sie sich im Zweifel nur auf sich selbst verlassen können.
(…)


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